1. Wer sich in Gefahr begibt . . .


    Datum: 01.06.2020, Kategorien: Betagt, Autor: bynachtaktiv

    ... "Auch einen Tee?"
    
    "Dafür findest du noch Zeit?" Sie stichelt weiter.
    
    "Mein Haus -- Mein Untermieter -- Mein Spaß", grinse ich mit erhobenem Zeigefinger.
    
    "Früher warst du aber nicht so egoistisch."
    
    "Früher war ich auch jünger. Jetzt muß ich sehen wo ich bleibe."
    
    "Aber erzählen tust du mir schon noch alles. Oder?"
    
    Ich stehe auf um in die Küche zu gehen. Susanne folgt mir auf dem Fuß. Ich beginne mit meinem Bericht.
    
    *
    
    Am nächsten Morgen.
    
    Ich habe mir ein paar alte Klamotten angezogen. Vor mir liegen diverse Gartengeräte und jede Menge Arbeit.
    
    Nach einer Stunde sind meine Knie dreckverschmiert, meine Haare sind feucht und werden nur noch von dem Band gehalten, mit dem ich sie zusammengebunden habe. Unter dem luftigen Top bändigt ein straffer Sportbüstenhalter meine Oberweite. Ich lasse für einen Moment die kurzstielige Harke sinken, drücke den inzwischen schmerzenden Rücken durch. Mein Blick fällt auf die Dachfenster. In einem hat es sich Sven gemütlich gemacht. Wie lange er mir zuschaut weiß ich nicht, sehe aber wie er sich aufrichtet. Bevor er sich zurückzieht rufe ich ihm zu: "Wenn du willst komm doch herunter. Auf der Terrasse ist es herrlich." Sven nickt und verschwindet vom Fenster.
    
    Als er durch die Terrassentür tritt, hält er ein Buch in der Hand.
    
    Ich gehe auf ihn zu, deute auf einen Stuhl. "Wann geht es denn los?"
    
    "Nächste Woche. Aber ich lese mich schon mal ein bißchen ein."
    
    "Wenn du magst darfst du dich gerne auf die Terrasse ...
    ... setzen. Kannst nebenbei noch einer alten Frau beim Arbeiten zuschauen."
    
    "Das dürfen Sie nicht sagen", protestiert er leise aber bestimmt. "Sie sind doch nicht alt."
    
    "Nicht?" Ich kokettiere wie in meinen besten Zeiten. "Bringst du mir aus der Küche ein Wasser?", frage ich und wedele mit den dreckverschmierten Handschuhen in seine Richtung. "Und bring dir auch etwas mit."
    
    Wie ein geölter Blitz saust Sven davon.
    
    Das Wasser erfrischt mich. Meine Handschuhe liegen neben mir auf dem Boden, als ich nach meinen Zigaretten greife. Sven hat seine Cola in einem Schluck ausgetrunken. Ich reiche ihm die Schachtel und bekomme Feuer.
    
    "Wie machen wir das eigentlich mit der Wäsche?"
    
    Sven inhaliert tief. "Ich denke daß ich alle zwei Wochen Zeit habe nach Hause zu fahren. Meine Mutter will sich dann darum kümmern."
    
    "Würde es deine Mutter nicht sehr stolz machen, wenn du dich alleine darum kümmern würdest?"
    
    Sven zuckt mit den Schultern, drückt seine Kippe im Aschenbecher aus. "Schon. Aber ... "
    
    Mir ist sofort klar, was dieses 'aber' zu bedeuten hat. Und ich denke an Roswitha, die zu ihrer Arbeit noch eine Putzstelle angenommen hat, um ihrem Jungen das Studium zu finanzieren. "Du könntest deine Mutter entlasten, wenn du alles hier wäschst. Ich könnte dir zeigen wie das geht. So schwer ist das überhaupt nicht."
    
    Sven schaut mich mit treuherzigem Dackelblick an. "Das würden Sie tun?"
    
    "Warum denn nicht? Ich bin sowieso den ganzen Tag zu Hause."
    
    "Ich glaube, das würde ...
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