1. Das Bangkok Syndikat 10


    Datum: 18.06.2020, Kategorien: Nicht festgelegt, Autor: bySena78

    17. Dreizehnter Tag, morgens, Bangkok
    
    Chai Noom Na Ajutthaja wartete bereits eine Stunde vor dem Büro des deutschen Botschafters. Nicht, dass dieser ihn mit Absicht warten ließ, vielmehr schien Dr. Sievers ein vielbeschäftigter Mann zu sein. Chai versuchte, seiner Nervosität insofern Herr zu werden, als er überpünktlich zu diesem Termin erschienen war und so noch hinlänglich Gelegenheit hatte, den allgemeinen Geschäftsbetrieb im Botschaftsgebäude zu beobachten, um sich nicht ganz so fremd zu fühlen.
    
    Er blickte auf die warme Tasse Milchkaffee vor sich, die ihm eine freundliche blonde Sekretärin serviert hatte. Man zollte ihm Aufmerksamkeit, ein Umstand, welchen er so nicht gewohnt war. Man hatte ihm offenbar in einem Vorhaben eine wichtige Rolle zugedacht, ohne dass er wusste, welchen Part er erfüllen sollte, noch, worum es eigentlich ging.
    
    Chai war nun seit mittlerweile zehn Jahren privater Ermittler sowie auch Vermittler in den Kreisen der westlichen Diplomatie Bangkoks. Zum einen beherrschte er, neben seiner Landessprache, mit der spanischen, englischen und französischen drei weitere fließend, zum anderen galt er als überaus vertrauenswürdig und zuverlässig.
    
    Rein äußerlich gab er sich stets unauffällig, am heutigen Tage hatte er sich für seinen verschlissenen Sommermantel, ein sauberes weißes Hemd ohne Krawatte und eine schwarze Bundfaltenhose entschieden.
    
    Seine untersetzte Statur bei einer Größe von gerade einmal einen Meter sechzig, der eierförmige Kopf ...
    ... mit dem dunklen Haarschippel auf dessen Spitze und die dicke Hornbrille verliehen ihm nicht wirklich eine beeindruckende Erscheinung. So zählte er nicht zu jener Sorte Mensch, die man gemeinhin als schön bezeichnete, wohl nicht einmal als durchschnittlich. Doch der kleine Mann haderte damit keinesfalls, im Gegenteil war er eher dankbar für seine Unauffälligkeit. Auch wurde er nur äußerst selten als Bedrohung wahrgenommen, ein Umstand, der sich maßgeblich auf seinen beruflichen Erfolg auswirkte.
    
    „Herr Noom Na Ajuttaja?"
    
    Der kleine Mann sah zu der attraktiven Sekretärin auf, die ihm die Tür offenhielt.
    
    „Der Botschafter empfängt sie jetzt."
    
    Chai erhob sich, deutete eine leichte Verbeugung an und folgte ihr durch das Vorzimmer ins Büro des Botschafters. Der Raum war funktional und technisch eingerichtet. Um einen modernen, breiten Schreibtisch gruppierten sich ein komfortabler Ledersessel für den Botschafter und nicht minder bequeme Sitzmöglichkeiten für seine Besucher und Gäste.
    
    Im linken hinteren Teil des Raumes saßen ein Mann und eine Frau mit ernsten Mienen an einem runden Tisch und betrachteten den kleinen Asiaten mit unverhohlenem Erstaunen, als ob sie jemand anderen erwartet hätten. Chai kannte solche Reaktionen zur Genüge und hatte längst gelernt, daraus Kapital zu schlagen.
    
    „Herr Noom Na Ajutthaja, schön, dass sie es einrichten konnten."
    
    Botschafter Dr. Hannes Sievers reichte ihm die Hand und geleitete ihn dann zum Besprechungstisch, wo sich die beiden ...
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