1. Ein Leben in Bedrangnis Neubeginn 02


    Datum: 02.03.2018, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byachterlaub

    Ertappt
    
    Die Sonne bringt es an den Tag, heißt es in einem alten Märchen der Gebrüder Grimm. Bei uns war es nicht die Sonne, sondern vielmehr der Slip von Elisabeth, der die Vermutung zur Gewissheit werden ließ.
    
    Am Tag nach unserem letzten Abenteuer kam Airi wie jeden Tag morgens zu mir in die Wohnung, um sich der Kleinen zu widmen. Das hatte sich über die drei Wochen ihrer Anwesenheit gut eingespielt. Es wurde ein langer Arbeitstag, der mich erst gegen zehn Uhr abends mein Heim wieder sehen ließ.
    
    Eigentlich hätte ich noch ein wenig Ordnung schaffen müssen, aber ich war zu müde. Zumal ich nicht sicher gehen konnte, ob Elisabeth durchschläft, habe ich mich sogleich zur Ruhe gelegt. Es wurde ein erquickender Schlaf. Elisabeth wachte erst gegen sechs Uhr morgens auf. Ich konnte sie gut versorgt Airi übergeben, als ich mich auf den Weg machte. Sie gab mir noch mit, dass sie mich am Abend sprechen wolle. Mit einem kurz angebundenen „Ja, Ja" antwortete ich, hatte die Sache allerdings über das Tagesgeschehen bald vergessen.
    
    Es sollte ein ruhiges Ausklingen des Tages werden. Oma Elisabeth war für einige Tage zu einer alten Schulfreundin gefahren. Airi hatte sich bereit erklärt, in dieser Zeit ganztägig für die Kleine zu sorgen. So würde ich nach dem Aufräumen und Durchsaugen der Wohnung noch einige Augenblicke Ruhe finden. Das dachte ich jedenfalls noch, als Airi etwa eine Stunde nachdem sie uns verlassen hatte noch einmal an der Wohnungstür klingelte.
    
    Verwundert ...
    ... bat ich sie hinein. Mir war zunächst nicht aufgefallen, dass sie den linken Arm auf dem Rücken verborgen hielt. Im Wohnzimmer angekommen streckte sie mir plötzlich mit einem triumphierenden Gesichtsausdruck ihre linke Hand entgegen. Sie hielt darin Elisabeths Slip vom vorvorigen Abend.
    
    Im Nu schien sie nicht mehr das engelsgleiche unschuldige Mädchen, als sie zu reden anhub: „Das habe ich gestern bei dir gefunden. Es ist ein Slip von Elisabeth." „Was soll das. Was willst du?", antwortete ich in einer Mischung aus Verstörtheit und Verärgerung über die Dreistigkeit der Göre.
    
    „Wenn ich die Hose den Frauen auf dem Spielplatz zeige, bist du das Gespött der Nachbarschaft." Zunächst ging mir nur durch den Kopf, sie beherrsche in der Tat die deutsche Sprache schon außergewöhnlich gut. Dann aber erkannte ich die Brisanz ihrer Worte.
    
    Und sie legte weiter los: „Was willst du mit der Alten. Die ist doch dick und ausgelaugt. Gibt sie dir Geld, damit du mit ihr ins Bett gehst?" Diese Unverfrorenheit nahm mir die Sprache. Ich wollte schon fragen, was sie beabsichtige, wie sie auf die Idee komme, derart in mein Leben zu platzen.
    
    Da erfuhr ich, worauf sie aus war. „Ich bin jünger. Ich bin schöner. Ich brauche unbedingt einen Mann. Du wirst jetzt mit mir ins Bett gehen." Das war durchaus nicht übel zu hören. Aber mir missfiel doch schon sehr die Art, wie sie Elisabeth herabwürdigte. Sie war schließlich nicht nur die Oma meiner Tochter, sondern mir durchaus auch eine liebenwürdige ...
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