1. Geliebter Dämon 08: Engel und Dämon


    Datum: 10.09.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byPhiroEpsilon

    ... Theodora Jäger", sagte ich statt einer Begrüßung.
    
    "Ja", antwortete mir die Schwester an der Rezeption. "Gehen Sie in den Südflügel." Sie zeigte die Richtung und griff nach einem Telefon.
    
    Südflügel hieß Hospiz. Sterbestation. Letzte Ruhe vor dem Tod.
    
    Die Absätze meiner Lederstiefel knallten auf den Holzboden. Ich blickte mich um — niemand da. Also machte ich Ballerinas daraus, und verwandelte meine Lederkluft in das Kleid, das Oma mir zum Abschlussball gekauft hatte.
    
    Eine letzte Freude konnte ich ihr noch machen.
    
    "Ich bin Schwester Roswitha", begrüßte mich die ältere Frau in der Station.
    
    "Angela Jäger. Wir haben telefoniert. Wie geht es ihr? Was ist passiert?"
    
    "Es ist nichts passiert. Sie war am Samstagabend noch beim Tanz und mitten in der Nacht ging der Alarm los."
    
    Mein Herz stockte. Samstagnacht! Als ich bei Lutz war. Drei Tage lag sie jetzt schon im Sterben.
    
    "Wieso haben Sie nicht früher angerufen?" Die Frage kam harscher heraus, als ich dachte, aber die Schwester schien wirklich Kummer gewohnt zu sein.
    
    "Sie hat keinen nächsten Angehörigen in ihrer Akte. Sie lag zwei Tage im Koma. Erst als sie anfing, nach Ihnen zu rufen, konnte ich mit Ihrem Vornamen und 'Jäger' nach Ihrer Telefonnummer suchen."
    
    Scheiße, warum stand nicht ich oder Peter da drinnen?
    
    "Gehen Sie hinein", sagte sie und wies auf eine geschlossene Tür.
    
    Ich lief hinüber, griff nach der Türklinke ... und hielt inne. Ich hatte schon Menschen sterben sehen — als Polizist ...
    ... lässt sich das nicht vermeiden — aber noch nie jemand, der mir nahestand. Konnte ich das durchstehen?
    
    Ich drückte die Klinke hinunter und schob die Tür auf. Der Raum lag im Halbdunkel; nur eine Nachttischlampe warf einen gelben Schein an die Decke. Auf dem Bett lag ein viel zu klein aussehender Körper. Oma war recht groß gewesen; jetzt schien nur noch die Hälfte von ihr da zu sein.
    
    Ich machte ein paar Schritte hin, und sie öffnete die Augen. "Angela!", sagte sie schwach. "Gut, dass du da bist."
    
    "Hallo Oma. Was machst du denn für Sachen?"
    
    "Setz dich hin. Ich muss dir etwas erzählen." Einfach so, ohne auf mich einzugehen.
    
    "Oma, ich ..."
    
    "Still!", unterbrach sie mich. "Ich rede. Du hörst zu. Ich habe nicht mehr viel Zeit."
    
    Ich zog mir einen Stuhl heran und setzte mich. Stumm, obwohl ich ihr so viel sagen wollte. Dass es mir leidtat, was mit ihr geschah. Das ich an allem schuld war.
    
    "Deine Mutter — Arielle — war ein Engel."
    
    Ich schnaubte. Nach allem was ich inzwischen wusste, war sie wohl genau das Gegenteil gewesen. Ein Sukkubus, ein Dämon, wahrscheinlich derselbe, der sich jetzt Lutz Iffer nannte und einen männlichen Körper trug.
    
    "Hältst du wohl die Klappe", fauchte sie mich an. Erstaunlich kräftig. "Ich war knapp vierzig und todkrank", sagte sie wieder ruhiger.
    
    Ich riss die Augen auf.
    
    "Dein Großvater war seit fünf Jahren tot, und dein Onkel war fünfzehn, als ich die Diagnose bekam. Hirntumor. Inoperabel. Und dann hatte ich eine Vision."
    
    Naja, ...
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