Sean 02
Datum: 06.10.2020,
Kategorien:
Schwule
Autor: byLysyana
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Wenn ich heute Abend nicht einen Auftritt gehabt hätte, wäre ich für immer im Bett geblieben. Aber ich konnte mein gebrochenes Herz nicht Grund für weitere gebrochene Herzen sein lassen. Ich arbeitete für meine Mutter. Sie ist Eventmanagerin und sammelt ehrenamtlich Spenden für verschiedenste Hilfsprojekte. Heute Abend war eine Eröffnung einer Galerie geplant und wer meine Mutter als Eventmanagerin engagierte, der wusste, dass die Musikauswahl bereits getroffen war. Meine Mutter warb mit mir, dem begabten Pianisten. Ich spielte schon immer Klavier. Ich hatte Musik in München, Paris, New York und dann wieder in München studiert. Mit meinen dreiundzwanzig Jahren war ich recht bekannt. Aber ich spielte, weil es mich erfüllte, nicht um damit Geld zu machen, das war einfach nur ein herrlicher Nebeneffekt. Doch im Augenblick würde ich mein ganzes Geld fortgeben, meine Begabung, einfach alles, um noch einmal in Roberts Gesicht sehen zu dürfen. Noch einmal seine wundervollen Lippen schmecken, seinen Geruch einatmen. Doch das vorüber. Ich wusste nicht, ob ich ihn jemals wiedersehen würde. Mir wurde richtig schlecht, wenn ich an ihn dachte.
Mein Herz brannte vor Sehnsucht, aber mein Gehirn wusste, dass es sie niemals zeigen durfte. Zu viel stand auf dem Spiel. Nicht für mich, aber für ihn. Wir hatten vor langer Zeit, damals, als er mich entjungfert hatte, die ganze Nacht darüber geredet. Wir waren überein gekommen, dass wir nicht für die Ewigkeit sind. Es war mir immer ...
... klar, trotzdem schenkte ich Robert mehr, als nur meine Zuneigung. Er war es, dem ich mein Herz geschenkt hatte, auch wenn ich wusste, dass es eines Tages zurückkommen würde. Zerbrochen in tausend Scherben. Das war der Preis, den ich zu zahlen hatte, als wir unsere Affäre begannen. Ich wusste es, er wusste es und zusammen war es immer deutlich gewesen. Auch wenn ich mich in den schönen Momenten, die wir zusammen hatten, nur auf ihn konzentrierte, gelang es mir nie, diese Erkenntnis los zu werden. Sie war immer da. Sie war immer in meinem Kopf. Das Bewusstsein, dass es zuende sein wird. Nun war es das und ich fühlte mich eigenartig leer und erfüllt zugleich. Ich kann es gar nicht recht beschreiben. Es war das Wechselspiel zwischen Herz und Kopf. Zur Zeit weinte das Herz, aber ich wusste, dass der Kopf siegen wird. Es war nur eine Frage der Zeit.
Ich machte mich fertig. Meine Mutter schickte immer einen Wagen für achtzehn Uhr, egal wie spät die Veranstaltung begann. Sie fand, dass ich einige Stunden früher da sein sollte, um die Atmosphäre aufzunehmen, die der Ort kreierte, egal wie oft ich schon dort gewesen bin. Es war nicht die erste Eröffnung einer Ausstellung in dieser Galerie. Bei Gott, ich spielte hier seit über zehn Jahren, trotzdem war es zu einem Ritual geworden, dass ich selbst nicht mehr missen wollte. Ich spielte nicht im Frack. Das war mir zu altbacken. Ich hatte einen schlichten schwarzen Anzug mit Fliege an. Mein Hemd war dunkelgrau, fast schwarz. Ich wollte mir ...