1. Lache niemals über Hexen


    Datum: 23.11.2020, Kategorien: Sonstige, Autor: Manuela Yasmina

    ... und ein Trinitus bescherte mir Tag und Nacht ein Pfeifen. Aber ganz ohne Gehör war scheiße. Und gerade, als dieser Radau abschwoll, durchzuckte mich ein Zahnschmerz. Alle meine, in den Jahren noch verbliebenen, Zähne waren zwar draußen, Aber trotzdem tat es jetzt weh. Und nicht nur einfach weh. Stellt euch den schlimmsten Zahnschmerz vor, den ihr jemals gehabt habt. Multipliziert den mit 1000. Und wieviel Zähne hat ein Mensch? Genau! Mal die Anzahl der Zähne, und ihr kommt fast an den Schmerz heran, den ich erlitt.
    
    Ich fuhr mit der Zunge über mein zahnloses Maul. Spürte hier und da eine Erhebung. Dann eine Spitze, die sich langsam aus dem Zahnfleisch bohrte. Dann erkannte ich es.
    
    Mir wuchsen neue Zähne!
    
    Diese Erkenntnis war der einzige Lichtblick in der Situation. Neue Zähne, statt der bisher verbliebenen 15. Als der Schmerz ganz nachließ, konnte ich, zu meinem Erstaunen die um mich stehenden deutlich murmeln hören. Also hörte ich auch besser und!
    
    Das Pfeifen war fort!
    
    Erschrocken öffnete ich die Augen, die ich in der ganzen Zeit geschlossen hatte. Ich sah diese alte, junge, Frau, Hexe, wie sie sich über mein Gesicht beugte. Aus der Entfernung müßte ich, um sie erkennen zu können meine Brille aufsetzen. Aber ich brauchte sie nicht. Glasklar und gestochen scharf sah ich sie keine 10 Zentimeter vor mir, wie sie in meine Augen schaute, und zufrieden nickte.
    
    Sie entfernte sich. Alle anderen ebenfalls. Ich hörte aus dem Raum zu meiner linken Eßgeräusche, ...
    ... Gläserklingen. Aus dem zu meiner rechten, das Gegenteil. Fürze, platschen, plätschern und das Geräusch einer Wasserspülung. Allerdings aus dem Raum, der hinter meinem Kopf lag, eindeutige Geräusche von Sex. "Tiefer", "Fester", "Leck schneller", und so weiter.
    
    Wie lange ich da lag weiß ich nicht. Trotz der unerträglichen Schmerzen fand ich das Ergebnis klasse. Alle Zähne wieder da, Ohren O.K., die Augen auch. Rasieren würde ich mich anscheinend auch nicht mehr müssen. Daß ich von nun an viel länger mit dem wachen, trocknen und bürsten meiner Mähne haben würde, das wußte ich zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht.
    
    6 Zweiter Tag
    
    Ein lauter Glockenschlag ließ meine Peinigerinnen wieder an mein Kreuz herantreten.
    
    Erneut schichteten sie Sträucher auf, stecken sie jedoch noch nicht in Brand. Dann übergossen sie mich wieder mit brühendheißem Wasser. Jeder Nerv auf meiner Haut schrie auf. Ich hoffte Ohnmächtig zu werden. Aber nicht passierte. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie sich meine Haut, erst Blasen bildend, vom Fleisch löste. Aber da wo sie sich löste, bildete sich sofort neue, dunklere. Der Schmerz, anfänglich unerträglich, steigerte sich ins tausendfache. Stundenlang lag ich so innerlich schreiend vor Schmerzen auf dem Kreuz. Dann konnte ich spüren, wie es am rechten Ringfinger aufhörte, dann am großen linken Zeh, dann am linken Ohr.
    
    Mehr und mehr Stellen hörten auf zu schmerzen. Schließlich war es vorbei. Ich sah eine schöne samtige Haut. Farblich etwa so, wie zwei, drei ...
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