Ins Kreuz
Datum: 06.12.2020,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
Autor: byEmaSen
... Steinquader mit Meißeleien darin, der mich zu sehr an einen Sarg erinnerte, um Johanna davon mitzuteilen. Aber ich kam auch gar nicht in diese Verlegenheit, denn plötzlich zischte sie:
»Joseph. Da kommt irgendwas.« Ihre Stimme klang panisch. Ich trat zu ihr. Das Ende des Tunnels erhellte sich, zuerst unmerklich, dann wurde das Licht weitreichender, es flackerte unheilvoll. Und schließlich erschien hinter dem Licht, während wir ächzend unsere Augen beschirmten, eine Gestalt in einer dunklen Jutekutte mit Kapuze. Johanna quiekte ganz leise.
Aber die fremde Gestalt streckte nur den Ellenbogen vor, und, einst eine über und über verrunzelte alte gelbe Hand entblößt war, zuckte diese zweimal zu sich hin, wie um uns zum Folgen zu winken und dann drehte sich die Gestalt wieder weg, schweigend wie sie gekommen war.
Ich blieb wie angewurzelt auf der Stelle, aber Johanna, vielleicht verzweifelt dem Grab zu entkommen, in das wir gestürzt waren, oder einfach nur sehr vertrauensselig nahm mich kurzerhand am Arm und tauchte unter dem Rundbogen in den Tunnel aus grob gefügten Backsteinen. Und wir folgten der Fackel.
Ich fand meine Freundin etwas zu vertrauensselig, denn immerhin waren wir in eine Kirche eingebrochen, um dann beim Sex ein wahrscheinlich heiliges Grab zu demolieren, noch dazu ihr rosa Leibchen jetzt wie eine Fahne der Schändung auf dem Hirtenstab von wem auch immer im Kirchenraum hing. Außerdem krabbelte jene Gestalt, die uns jetzt, an einigen Abzweigen vorbei an ...
... eine durchgängig von Fackeln beleuchtete Stelle mit einer vergitterten Holztür führte, nachts zwischen den Gräbern einer Krypta herum. Nicht gerade die Jobreferenzen für den Vertrauensminister.
Aber ich sollte keine Zeit haben, an der Integrität dieser Mönchsgestalt mehr zu zweifeln, denn prompt fühlte ich mich in die Gittertür hineingestoßen, die aufschwang, begleitet von einem schrillen Kreischen meiner Freundin: »Joseph!« und hinter mit ins Schloss knallte, mit dem schweren Scharrgeräusch eines umgelegten Bolzens. Noch immer hörte ich Johanna kreischen, doch sie wurde leiser und leiser. Ich trat gegen die Tür und meine Zehen fühlten sich an, als hätte sie zurückgetreten.
Nach einiger Zeit des Bangens und
Bangens
gegen die Tür und die Steinwände und das leere Holzregal zu meiner Rechten, klopfte es an meiner Tür; drei Mal, schicksalshaft. Und endlich hörte ich eine alte knarzige Stimme, die geradezu weiblich klang:
»Benehmen sie sich.«, wobei sie das erste E in die Länge zog. »Hier ist ihre Frau wieder.«
Die Tür öffnete sich und hereingestoßen wurde Johanna. Nur sah sie jetzt ganz anders aus.
»What with the outfit?« fragte ich platt.
»Ich weiß nicht. Sie haben mir meine Unterwäsche weggenommen.«
Da stand sie, im blütenweißen Kleid, das bis zum Boden reichte und darüber hinaus; die Schleppe aus Spitze hatte sich in der Tür festgeklemmt. Ihre Lippen waren Röter als zuvor und die Schattierung um die Augen dunkler, Ihr Gesicht war von Staub rein und ...