1. Das Lied ohne Sprache


    Datum: 10.01.2021, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byBleeding_Heart

    ... gerade so noch in den Turm bringen. Er versprach ihr, sie zu beschützen, und als die Zauberin in dem schwarzen Korsett vor ihm stand, da sagte er ihr, dass er sie nicht hineinlasse, weil auch sie das Mädchen ausliefern wollte.
    
    Ein Fehler.
    
    Sie kam auf ihn zu, und beugte sich an seinem nackten Körper herab, um die Wunde in Augenschein zu nehmen, die nicht brannte. Sie streckte ihre Hand aus.
    
    Ein Schnippen. Mehr brauchte es nicht.
    
    Es reichte ein einziges Schnippen gegen den herausragenden Knochen, um jegliche Gefühllosigkeit von dort zu vertreiben. Binnen einer Sekunde brannte und schmerzte sein Bein schlimmer als alles andere an seinem Körper.
    
    Rivaell schrie nicht. Er zuckte nicht einmal. In seinem Kopf hämmerte es, und sein Puls jagte sein Blut so schnell durch seinen Körper, dass er sich wünschte, er wäre damals gut genug gewesen, um die zusätzlichen Proben an seinem Körper anwenden zu lassen, so wie es der Hexer der Wolfsschule gewesen war, der nun volle Kontrolle über seinen Organismus hatte.
    
    So aber spritzte jetzt Blut aus seinem rechten Schienbein, denn seinen Herzschlag konnte er nicht kontrollieren.
    
    Hylia lachte. Das Lachen eines unschuldigen kleinen Mädchens, dem ein Junge gesagt hatte, dass sie schön sei.
    
    Es war glockenhell, und wie bei einer Glocke traf ihr Finger erneut auf seinen verdrehten und gebrochenen Knochen.
    
    Sein linkes Augenlid begann unkontrolliert zu zucken, er biss sich auf die Zunge.
    
    Nicht schreien, nicht schreien, nicht ...
    ... schreien.
    
    Kein Mucks drang über seine Lippen.
    
    „Du hast wirklich eine wahnsinnige Beherrschung, das muss ich dir lassen!", sagte Hylia, als sie sich aufrichtete und ihn anstrahlte. Ihre Sommersprossen und ihre eigenartig blauen Augen wurden in warmes Sonnenlicht getaucht. Doch Rivaell sah, dass ihre Maske bröckelte.
    
    „Es ist an der Zeit, dich zu heilen, Hexer!", fuhr sie fort und legte ihm ihre warmen, kleinen Hände auf die Brust.
    
    „Keine Sorge, es tut nicht weh."
    
    Er hielt es für eine Lüge.
    
    Doch genauso, wie sie bei ihrem Kampf nicht gelogen hatte, als sie sagte, sie würde ohne Magie kämpfen, log sie auch diesmal nicht.
    
    Ein warmes Gefühl floss durch seinen Körper. Es war, als wurde Honig auf seine Wunden geträufelt, ein zähes, warmes, nahezu betäubendes Gefühl, das sich langsam ausbreitete.
    
    Rivaell spürte die Hände der Zauberin seine nackte Brust hinabgleiten. Dort, wo sie auf offenes Fleisch trafen, wurde es geschlossen, und dort, wo sie gewesen war, blieb nichts als ein warmer Hauch, wie die Sonne auf einem Stein, den man in den Schatten legt.
    
    Seine Adern begannen mehr und mehr, sein Blut nur noch innerhalb seines Körpers zu transportieren, je weiter ihre Hände gingen.
    
    An seinem Bauch angekommen, machte sie kurz Halt, erforschte seine Bauchmuskeln, die vielen Narben von all den Kreaturen, die Rivaell für Geld geschlachtet hatte. Die Erinnerungen an diejenigen, die sich an ihm festgekrallt hatten, um eine letzte Signatur im Leben zu hinterlassen, ...
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