Das Lied ohne Sprache
Datum: 10.01.2021,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie
Autor: byBleeding_Heart
... anders."
Hylia senkte bei diesen Worten den Kopf.
„Ich auch", flüsterte sie, und er hörte ihr Schluchzen. „Ich auch, Rivaell."
Sie lehnte den Kopf gegen seinen Bauch und weinte. Ihr Gesicht war genau über seinem Schritt, doch weder ihm noch ihr war das in diesem Moment unangenehm. Sie dachten nicht einmal daran.
„Alles könnte so anders sein", dachte Rivaell. „Wir könnten zusammen kämpfen, wir könnten zusammen leben, wir könnten uns niemals getroffen haben. Wir könnten zusammen auf Feste gehen und wir könnten uns streiten, einander beleidigen und uns wieder versöhnen, bis in alle Ewigkeit, bis zum letzten Fest auf dem Antlitz der Erde."
„Wir könnten, doch wir können nicht", antwortete sie auf seine Gedanken.
Ihre telepathischen Fähigkeiten wären bestimmt etwas gewesen, worüber er sich oft geärgert hätte.
Rivaell lächelte schwach, entkräftet von seiner Heilung.
„Ich hoffe, dass du bekommst, was du gesucht hast."
Hylia blickte zu ihm auf. Ihr trauriger Blick verriet ihm alles, was er wissen musste, aber sie sprach es dennoch aus, vielleicht nur, um den Augenblick noch etwas länger anhalten zu lassen.
„Das hatte ich schon."
Dann trennte sie sich von seinem Körper und trat einen Schritt zurück. Sie öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch kein Laut kam heraus. Sie fand keine Worte, um zu begründen, was sie nicht entschuldigen konnte.
Sie schloss den Mund wieder, dann drehte sie sich weg und ging davon. Sie ging auf die Tür zu, und während ...
... sie ging, blickte er ihr nach. Er blickte ihr nach, sah zum ersten Mal die grazilen Bewegungen einer erfahrenen Kriegerin, die er zuvor nicht bemerkt hatte. Er sah ihr nach und dachte an den einen Abend, an dem sie sich geliebt hatten.
Ohne Alkohol hatten sie sich betrunken gefühlt, und gewusst, dass sie beide etwas gefunden hatten, was sonst kaum jemand fand.
Hylia blieb stehen. Sie erstarrte mitten in ihrer Bewegung, und ihr Haar rauschte in dem Wind, der durch die Tür vor ihr in das Zimmer trat. Rivaell dachte an den Baum, unter dem sie gelegen hatten, und roch sogar den Rauch, der von ihrem Lagerfeuer aus in die Nacht heraufgeschwunden war. Er dachte an den Barden, der an einem Baum in der Nähe gelehnt hatte und dem sie gelauscht hatten, als die in die Sterne blickten und sich fühlten, als weilten sie dort, mitten unter ihnen, als Sterne in der Dunkelheit.
Sie drehte sich um und blickte ihn an. Sie lächelte, und gleichzeitig kletterten Tränen ihre Sommersprossen hinab.
„Gleidh'irr ha'vail", sagte sie, und die Ketten an seinen Handgelenken öffneten sich.
Sein schwerer, muskulöser Körper wurde vom Boden angezogen, und er landete auf seinen geheilten Beinen.
Er ging leicht in die Knie, um sich abzufedern. Dann richtete er sich zu voller Größe auf, und plötzlich stand sie vor ihm. Auf leisen Mädchensohlen gekommen, stand sie vor ihm, und nahm ihn bei der Hand.
Er ergriff sie, und sie führte ihn weg vom Blut, weg von der grausamen Realität, in ein Zimmer, ...