1. Psycho - familiäre Bande


    Datum: 12.03.2018, Kategorien: Sonstige, Autor: Hassels

    Innerlich zerrissen, immer noch aufgewühlt, pochte das Blut in meinen Adern. Es waren noch fünf Meter bis zur Pförtnerloge. Die Freiflächen der Psychiatrischen Landesklinik, im Volksmund Klapse genannt, wirkten wie der Stadtpark. Blumen und Grün strahlten eine gewisse Beruhigung aus, würde ich mich trauen? Eine Weile stand ich noch da wie bestellt und nicht abgeholt. Erst als der Pförtner mich heranwinkte, ein aufmunternd freundliches Gesicht, sank meine Hemmschwelle.
    
    Ausweis und Geburtsurkunde musste ich vorlegen, nur durch diesen Nachweis wurde mir unter Auflagen, deren Kenntnisnahme ich auf einem Dokument quittieren musste, Zugang gewährt. Mit dem Besucherausweis N, ein in Folie geschweißtes Kärtchen mit meinem Lichtbild, konnte ich mich auf dem Gelände und der Station frei bewegen.
    
    Auf der Station 4N fand ich dann meine Informantin, im beschriebenen grauen Kittel lief sie über die Station. Anhand der zuvor gelesenen Kleiderordnung wusste ich nun dass sie Schwesternschülerin war. In der mir zugesandten E-Mail hatte sie mich auf ihre Bekleidung verwiesen, ihren Namen nicht verraten. Da sie aber wohl vergessen hatte die Privateinstellung zu aktivieren, ein Häkchen hätte da genügt, wurde neben der flippigen E-Mail-Adresse auch ihr realer Name sichtbar. Ein Joker, wenn ich sie nicht entdeckt hätte.
    
    Langsam, eher bedächtig, schritt ich in ihre Richtung. Geschäftig verteilte sie gerade das Mittagessen. Als sie mich sah, ich hatte mich und mein buntes Hemd beschrieben, ...
    ... huschte ein Lächeln in ihr Gesicht. Mit ausgestrecktem Arm deutete sie auf den Besucherraum, nickte einmal, um sofort in einem der Personalräume zu verschwinden.
    
    Bevor der geneigte Leser tief in einer Kiste der freien Gedanken versucht jedwedes Klischee zu bemühen, sollte ich vielleicht eine Begründung für dieses Treffen abgeben. Etwa fünf Monate zuvor hatte ich eine Suchanzeige aufgegeben, einen Tag nach meinem achtzehnten Geburtstag. Im Anzeiger, einem örtlichen Wochenblatt was kostenlos an alle Haushalte verteilt wurde, war es halbwegs erschwinglich. Ansonsten ging es über die Internetebene, die sozialen Netzwerke. Es war die Zeit sich nach dem Abi Gedanken um die Zukunft zu machen. Zu meinen üblichen Bewerbungsunterlagen, ich hatte eine technische Offizierslaufbahn im Blick, sollte ich für die Bundeswehr auch noch eine Abstammungsurkunde beifügen. Auf dem Standesamt erlebte ich dann eine Überraschung, es zog mir förmlich den Boden unter den Füßen weg, damit hatte ich nicht gerechnet. Meine Eltern hatten mich adoptiert, mir aber nie etwas davon erzählt.
    
    Um mir die Chance zu erhalten flexibel reagieren zu können, falls sich jemand meldet, nahm ich dann den sicheren Studienplatz an der hiesigen Uni an. Meine Eltern waren sichtlich erleichtert, hatten sie doch, wegen der möglichen Einsätze in Kriegsgebieten, Angst um mich. Mein Wissen um meine Herkunft und die daraus resultierenden Beweggründe meiner Entscheidung, behielt ich allerdings für mich.
    
    Ich wollte mir gerade ...
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