Die Mitte des Universums Ch. 38
Datum: 03.07.2018,
Kategorien:
Nicht festgelegt,
Autor: byBenGarland
38. Kapitel -- Nguyet bläst Trübsal
So schön der Mai mit Tina gewesen war -- und auch unser Tag am Meer Anfang Juni -- hatte ich Nguyet doch sträflich vernachlässigt. Sie hatte am 4. Mai, nachdem ihr Mutterschaftsurlaub vorbei war, wieder angefangen zu arbeiten, hatte aber gleich einen leichten Motorradunfall gehabt. Eine Woche später war sie wieder arbeiten gegangen und hatte mich von da an zweimal die Woche bekniet, uns doch zu treffen. Da ich aber mit Tina (und ihrer Semesterarbeit) beschäftigt war, hatte ich Nguyet immer wieder vertröstet, was sich nun rächen sollte.
Trinh, die junge Kollegin, mit der Nguyet, Quynh und ich vor reichlich zwei Jahren mal einen Vierer veranstaltet hatten, würde am 18. Juni heiraten, und ich wusste, dass ich Nguyet dort treffen würde. Trinhs Haus war nicht weit von Nguyets Firma und damit auch in der Nähe des Hotels, wo Nguyet und ich uns damals, vor nunmehr fast drei Jahren, zum zweiten Rendezvous getroffen hatten. Ich hatte Nguyet gefragt, ob wir uns nach dem Hochzeitsessen eine Stunde in besagtem Hotel vergnügen würden, aber sie war nicht darauf eingegangen, als sie mir das nächste Mal schrieb, sondern hatte sogar gesagt, dass ‚wir vielleicht eher ganz aufhören sollten', uns zu sehen.
Meine Chefin, die Nguyet natürlich noch von der Zeit an unserer alten Schule kannte, hatte mir erzählt, dass Nguyet dünn geworden war. Nun, sie war ja schon immer sehr schlank gewesen, verteidigte ich sie meiner Chefin gegenüber, aber, nein, noch ...
... dünner, insistierte sie, fast schon ausgemergelt und leidend hätte sie ausgesehen. Ich konnte und wollte mir aber nicht vorstellen, dass Nguyet nicht gut aussehen könnte. Na, egal, ich würde mir ja bald mein eigenes Urteil bilden können.
Meine Frau entschied sich, nicht mit zur Hochzeit zu fahren, weil unser Söhnchen 38 Grad Fieber hatte und die Fahrt über Land zu dritt auf dem Motorrad wohl mindestens eine halbe Stunde dauern würde. Der alte Highway war auch furchtbar staubig und gleißend in der Mittagsonne. Meine Kollegen würden mit einem gemieteten Bus fahren, da sie alle bis um Elf arbeiten mussten, aber ich entschied mich, mein Motorrad zu nehmen, um flexibler zu sein. Ich unterrichtete donnerstags morgens auch nur bis halb Zehn.
Während wir neben Trinhs Haus auf das Mittagessen warteten, trank ich Tee mit ein paar meiner jungen vietnamesischen Kolleginnen sowie Trinhs Verwandten und rauchte. Ich war ein wenig nervös in Anbetracht von Nguyets ungewohntem, leicht störrischem Verhalten, und ich hoffte natürlich, dass sie nicht ernsthaft krank war. Ich konnte es nicht erwarten, sie zu sehen, hatte aber keine Vorstellung, was dann passieren würde. Das letzte Mal hatten wir uns im Januar getroffen; damals war zwischen uns noch alles in Ordnung gewesen: Wir hatten eine leidenschaftliche Affäre, wussten aber beide, dass wir nicht immer füreinander da sein konnten. Vielleicht hatte Tuyet Nguyet von meiner Affäre mit Tina erzählt, die ja auch schon vier Monate ging, und nun ...