1. Der Fremde im Zug


    Datum: 30.07.2021, Kategorien: Medien, Autor: laila

    ... laesst es nicht zu. Ich nicke nur und schue ihn unglaeubig
    
    an. Er laechelt. Dann steht er auf, packt seinen Rucksack und
    
    geht. Der Zug bremst bereits und ich beeile mich meine Sachen
    
    auszuziehen und zu verstauen.
    
    Trotz der spaeten Stunde wollen noch viele Leute in unseren Zug um
    
    nach Hamburg weiter zu fahren. Das hatte ich natuerlich nicht
    
    bedacht. Ich werde mich nackt wie ich bin an vielen Menschen
    
    vorbeidraengen muessen, die hier in den Zug einsteigen. Aber ich will
    
    auch wissen, ob ich das durchstehe und was es mit mir macht. Ich
    
    beginne vor Angst zu zittern. Soll ich das wirklich tun? Aber es ist
    
    ohnehin schon zu spaet. Der Zug hat angehalten und es dauert nicht
    
    lange, da steht er - dessen Namen ich nichtmal kenne - schon vor dem
    
    Fenster. Ich stehe auf und wende mich ihm zu. Niemand ausser ihm
    
    achtet auf mich, alle sehen nur zu vom Zug weg oder in den Zug rein zu
    
    kommen.
    
    Er hebt den Daumen und ich wende mich um. Gerade in dem Moment geht
    
    die Abteiltuer auf und eine aeltliche Dame will ihren Koffer
    
    hereinschieben. Ihr bleibt der Mund vor Schreck offen und ich nutze
    
    die Gelegenheit mich mit meinem zum glueck leichten Koffer zu
    
    verdruecken. Links rum ist natuerlich der laengere Weg zum Ausgang und
    
    die ersten kommen mir auch schon entgegen. Es wird der reinste
    
    Spiessrutenlauf. Ich versuche nur schnell zur Tuer zu kommen. Die
    
    meisten lassen mich auch einfach durch, manche machen Bemerkungen von
    
    "Wow!" bis ...
    ... "So eine Schlampe!". Einmal fuehle ich einen groben Klaps
    
    auf dem Po, den ich ignoriere und kurz vor dem Rettenden Ausgang mir
    
    eine rauhe Prnake mit socher Kraft von unten zwischen die Beine, dass
    
    ich einen Schrei ausstosse. Der Besitzer der Hand lacht kurz dreckig
    
    auf, steckt mir einen Finger in die Moese und laesst mich wieder los.
    
    Dann habe ich es endlich geschafft. Er steht an der
    
    gegenueberliegenden Bahnsteigkante und geht sofort als er mich sieht
    
    weiter. Ich beeile mich ihm nachzukommen. Die anderen Menschen sind
    
    mir voellig egal. Ich will nur noch in Sicherheit meine Sachen wieder
    
    anziehen. Nein, das war zu viel! Aber ich wollte es ja wissen.
    
    Ich folge ihm in die Unterfuehrung, die eigentlich nur fuer
    
    Bahnbedienstete zugaenglich ist. Dirt ist immerhin kein Mensch. Unten
    
    angekommen wartet er mit einem breiten Grinsen auf mich. "Alle
    
    Achtung! Ich haette nicht gedacht, dass du das wirklich tust." Ein
    
    Gefuehl von Stolz ueberkommt mich.
    
    "Darf ich ein Erinnerungsphoto von dir machen?" Ich ueberlege
    
    kurz. "Aber nur, wenn man mein Gesicht nicht sieht." Seine Mundwinkel
    
    zucken kurz nach unten. "Schade, aber OK", dann laechelt er wieder und
    
    kramt nach seiner Kamera. Ich stelle meinen Koffer ab und lehne mich
    
    an die kalte Betonwand. Dann lege ich einen arm ueber mein Gesicht und
    
    warte auf das Klicken.
    
    Erst als es mir komisch lang vorkommt hebe ich den Arm und spaehe
    
    drunter durch. Er ist weg. Irgendwoher hallen ...