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Nachtgedanken
Datum: 30.07.2018, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byEmaSen
Sorry, der Text ist depri. Ich bin depri. Vielleicht schreibt mir Jemand was aufmunterndes? [ ©2019 Emanuel Senden / This text makes use of italics ] *** Die Nacht zu ihren Füßen war schwarz. Triefend schwarz, triefend vor Nässe, aber auch von Staub; irgendwo da unten mussten sich auf schwarzen unbeleuchteten Feldwegen spitzer Schotter mit Schlammpfützen ein Stelldichein geben. Jay legte ihre Hände auf die raue Mauer, die sie vor der Bodenlosigkeit schützte. Die Höhenwinde waren im Verlauf des Abends müde geworden und zuckten nur noch zaghaft und zuweilen an den Spitzenbordüren ihrer Ärmel, die bis auf die Handgelenke hinausreichten. Überhaupt war die Nacht müde. Falls es einen Mond gab, der sich in Seen hätte spiegeln können, wollte Jay weder sein silbriges Licht noch die kräuselnden Wasseroberflächen sehen. Nein, sie genoss die Schwärze und das Gefühl des Fallens und des Schreckens des Abgrundes, das sich in ihrer Magengrube auftat. Das war der Grund, warum sie in dieser schwülen Nacht aus den von Glühwürmchen bestürmten Tanzvergnügen der oberen Stockwerke, mit den rauschenden Krinolinenröcken, dem irren Gelächter und dekadenten Geigensaiten aus schnarrendem Silber, hinuntergerettet hatte in diesen kleinen, ein wenig geheimen, letzten und tiefsten Steinpavillion der schwebenden Zitadelle. In gewisser Hinsicht war auch das schon ein Fall, aus dem Hellen ins Dunkle, aus dem Lauten ins muffelig Stille, die erst jetzt mit der ganzen Gewalt einer schwülen ...
... Sommernacht auf sie eindrang und dunkelglänzende Schweißtröpfchen in ihr Haar netzte. Ebenso still wie das Kratzen ihrer Absätze auf der gerundeten Mauerkrone, sollte sie sich entscheiden, die Schwärze der freien Luft und irgendwann des ungewissen Erdbodens dem Rattern von Türen in ihrem Rücken vorzuziehen. Auch ihr Rock würde flattern, ein raues schrtschrtscht aus den weißen Falten wie die Flaggen zum Angelisar-Fest es manchmal in den Sturmwinden von sich gaben; von den Blättern abgeschossen, die es aus den roten Ahorn- und Kastanienmeeren bis hierher heraufschafften. Von hier oben würde man das Flattern der Rockschöße nicht lange hören. Sie selbst würde es zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr geben. Für sie selbst bedeutete der Sprung aus der Welt auch der Sprung aus dem Ich. -- Wehmütig und übelgelaunt über ihre suizidalen Gedanken, die die schemenwebende Schwärze höhnisch zu ihr hochzuschicken schien, suchte sie, wie fast jede Nacht, den Horizont nach Lichtern ab. Manchmal meinte sie aus dem Augenwinkel den gelben Punkt einer einzelnen Laterne an dieser oder jener Hügelkuppe, die sich wie ein grauer Wal aus dem übrigen Panorama erhob, zu erhaschen, aber er war stets verschwunden, bevor sie sich darauf hätte konzentrieren können. Es war ein alter Familienmythos, dass ein Großvater einmal mit einem improvisierten Fluggerät den Absprung gewagt hätte -- die andere Art von Absprung, die tatsächlich damit rechnete, heil unten anzukommen. Jay glaubte fest daran, ...