1. Jung, Devot Sucht ... (01)


    Datum: 16.11.2021, Kategorien: Schwule Autor: byAigis

    ... mit der Ausrede bereits einen Lehrer gefunden und diesem schon zugesagt zu haben, höflich und freundlich ab. Der dritte Brief war jener dieses ungehobelten Barbaren, der mich als „geiles Miststück" ansprach, dem er seinen „Schwanz in den Arsch rammen" und seinen „Saft in den Mund spritzen" wolle, nachdem er meine „Bewerbung" erhalten hatte. Dieser Mann hatte meinen Text vollkommen richtig verstanden. Aber mit so einem Scheusal wollte ich mich nun wirklich nicht einlassen. Also zerknautschte ich den Brief und warf ihn in den Papierkorb.
    
    Da blieb er nicht lange. Zum einen hätte ihn meine Freundin dort zufällig finden können, zum anderen schoss mir immer wieder das Blut in den Kopf und kurz darauf in den Schwanz, wenn ich an die Zeilen dachte. Mist! Also kramte ich den zusammengeknüllten Brief wieder aus dem Papierkorb heraus, strich ihn glatt, faltete ihn mehrfach ordentlich und steckte ihn in mein Portemonnaie. Der Brief war in lesbarer, sauberer Handschrift und ganz offensichtlich mit einem Füllfederhalter auf teures Wasserzeichen-Briefpapier geschrieben. Das passte eigentlich nicht zu diesem ruppigen Inhalt. Keine Wohnanschrift, keine Unterschrift. Als Adresse war nur „Hermann Winter" und ein Postfach im Nachbarort angegeben. Niemals würde ich Hermann Winter antworten. Und überhaupt: „Schick mir deine Bewerbung". Was sollte das denn? Wofür und wozu sollte ich mich bewerben? Schwamm drüber. Der Versuch mit der Chiffre-Kleinanzeige war fehlgeschlagen. Ich hoffte, dass ...
    ... jetzt auch endlich diese unsäglichen Gedanken aus meinem Kopf verschwinden würden.
    
    Mitten in der Nacht erwachte ich. Es war einfach nicht zu glauben: Ich hatte einen Samenerguss -- im Schlaf. Seit der Pubertät war mir das nicht mehr passiert. Verdammt! Ich schlich mich, um meine Freundin nicht zu wecken, ins Bad, wusch mich und wollte mich an den Traum erinnern, der zu diesem Malheur geführt hatte. Es gelang mir nicht, aber mit Sicherheit war der Brief von Hermann Winter daran schuld. Es konnte einfach nicht anders sein. Ich musste jetzt einen Schlussstrich unter dieses unsägliche Kapitel verbotenen Verlangens ziehen. Ich musste Hermann Winter absagen, ihn wegen seiner ungehobelten Zeilen beschimpfen, ihm unmissverständlich klar machen, dass er bei mir an der falschen Adresse war. Jawohl! Und ich wollte keine Minute verlieren und diese Alt-Männer-Schwanz-Phantasie ein für alle Mal verscheuchen.
    
    Also ging ich ins Arbeitszimmer, holte Papier und Stift hervor und begann zu schreiben. „Was fällt Ihnen eigentlich ein ...". Nein das war nichts. „Guten Tag Herr Winter, ich habe Ihren Brief gelesen ...", auch das war nichts. „Sehr geehrter Herr Winter, ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben ...", nein! „Lieber Hermann, du hast meine Chiffre-Anzeige missverstanden ...". Stimmte nicht! So sehr ich mich auch bemühte, mir fiel kein Text ein. Bis auf einmal -- es war bestimmt der 10te Versuch eine Brieftext-Einleitung zu verfassen -- wie von Geisterhand geschrieben das Wort BEWERBUNG, mit ...
«1234...15»