1. Wüstengarten 01


    Datum: 15.07.2022, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byKatPissinger

    ... dies zu tun und damit davon zu kommen würde sie sicherlich zur größten Diebin von ganz Xvarazm machen. Und so zur Nacht, als der Mond dunkel war und die Sterne nur müde glänzten, huschte sie über die Palastmauer wie ein Schatten, wie der Schleier eines Traums wehte sie leicht darüber hinweg und befand sich daraufhin im Garten der Kaiserin.
    
    Ach, wie kann ich die Wunder beschreiben, die sie sah? Die Bäume, von denen einige pulsierten, als ob sie von innen heraus leuchteten und glühende Muster sich über ihrer Rinde zogen, als wären diese von Zaubersprüchen dort hineingewoben. Die Blumen, von denen ein berauschender Geruch ausging, so fremd und eigentümlich und gleichzeitig so vertraut, wie ein Geruch aus der Kindheit, der lange vergessen, und dann in einem fernen Land wiedergefunden wurde. In den Bäumen saßen Vögel, die kein Sterblicher je gesehen hatte; Vögel mit feurigem Gefieder, andere, die aussahen, als wären sie aus Pergament gemacht, und die doch die wunderlichsten Lieder zwitscherten. Und dann gab es andere, die alle Sprachen des Himmels und der Erde sprachen, und den Namen Gottes bei Tag und bei Nacht priesen. Und die Früchte, oh die Früchte!
    
    Da waren Früchte, die sie noch nie gesehen hatte, deren Namen, so sie denn Namen hatten, in Legenden und Rätsel verwoben waren, aber deren Kräfte fast schon bei einer Berührung gespürt werden konnten. Da gab es große, schwere, tropfenförmige Früchte, die glühten genau so wie die Bäume, und lange, filigrane, zerbrechliche ...
    ... Dinge, die zierlicher waren als die feinsten Kunstwerke. Und in der Tat, da gab es goldene Früchte, die selbst in der Dunkelheit rund und glatt schimmerten. Und Nilgün wanderte zwischen dem allen und fragte sich, was sie wohl mitnehmen sollte, als sie plötzlich die Stimme der Kaiserin vernahm.
    
    „Wer wagt es, des Nachts in meinen Garten zu kommen?" sagte Turkan in einer Stimme, die gleichzeitig sanft und kräftig war.
    
    Nilgün wirbelte herum und spähte durch das Dickicht, sah aber nichts. „Ich bin es, Nilgün, eure Dienerin," sagte sie und hoffte, sich durch einen Trick aus dieser Zwickmühle zu befreien, während sie nach einem Ausweg Ausschau hielt, auf dem sie sich davon schleichen konnte.
    
    Aber Turkan wusste natürlich bereits, wer Nilgün war, denn sie hatte gesehen, wie sie geschickt die Mauer erklommen hatte, lange bevor sie ihren Weg zum Garten gefunden hatte, in den Magischen Steinen der Djinn und Ifrit, die die Zukunft und Vergangenheit zeigen konnten, und alles, was in der Gegenwart geschah. „Du bist gekommen, um von meinem Garten zu stehlen und die Früchte zu essen, die den Menschen und Dämonen und allem, das auf Erden lebt, verboten sind," sagte Turkan als sie hinter einem Baum hervortrat, dessen Blätter ihre Figur erleuchteten. Sie trug Gewänder die aus sich selbst heraus zu leuchten schienen und mit den kleinsten Edelsteinen besetzt waren, die mehr glitzerten als die Sterne im Himmel, und Nilgün war von ihrer Schönheit wie bezaubert. Die Kaiserin nämlich hatte Balsam ...
«1234...»