Das Patrick-Projekt
Datum: 29.10.2022,
Kategorien:
Erstes Mal
Autor: Dingo666
... Ich hatte schon Angst, du willst nach Hause fahren, und ich muss alles alleine machen."
"Nach Hause? Niemals! Ich freue mich so auf die nächsten Wochen. Da werde ich doch nicht einfach abreisen, nur weil... äh..."
"Gut, gut!", fällt er mir schnell ins Wort. "Dann komm! Nimm dir ein oder zwei Brote mit, die kannst du im Auto essen. Wir fahren rauf, zu den Hütten."
"Juhuu!" Ich strahle und schnappe mir zwei Brotscheiben und die Marmelade. "Endlich auf die Alm!"
Es folgt ein proppenvoller Arbeitstag. Wir nehmen seinen verbeulten Pritschenwagen, hinten drauf liegen Bündel von Baumaterial und Werkzeugen. Dann geht es zur Hochalm, wo weit verteilt einige alte Hütten stehen, die er als stylisch-primitive Ferienwohnungen vermietet. Ohne Mobilnetz, ohne fließend Wasser, ohne Strom.
"Das läuft wie geschnitten Brot", erklärt er mir im Auto. "Die Leute sind ganz verrückt danach, mal die Zivilisation ein paar Tage hinter sich zu lassen. Je einfacher die Hütten ausgestattet sind, umso mehr Geld kann ich dafür verlangen. Man muss es nur auf der Website richtig beschreiben."
"Aha", grinse ich. "Also nicht: Kein vernünftiges Licht, sondern: Romantische Petroleum-Leuchten, wie zu Großvaters Zeiten."
"So ähnlich." Er grinst zurück. "Reines Marketing. Und das mir - ich habe das immer gehasst."
Wir lachen. Das fühlt sich gut an. Vielleicht können wir den Mantel des Schweigens über die vergangene Nacht breiten. Und das so belassen. Für die nächsten zehntausend Jahre ...
... etwa.
Den ganzen Tag fahren wir kreuz und quer über den Berg, bringen Material zur einen Hütte, reparieren etwas an einer anderen, richten hier einen Zaun, sägen da was klein. Es wird wieder warm, die Sonne strahlt von einem wolkenlosen, knallblauen Himmel. Bald fange ich an zu schwitzen. Dunkle Flecken zieren mein Hemd unter den Armen.
Bei Patrick ebenso. Er hat eine abgewetzte, schwarze Lederhose an. Kein Trachten-Teil, sondern eine richtige Arbeitshose, die aber nur bis zu den Knien geht. Dazu ein grünes Hemd, und eine Art Weste, die praktisch nur aus Täschchen, Laschen und Karabinerhaken besteht, alles mit Werkzeugen bestückt. So was wie ein am Leib tragbarer Werkzeugkasten. Unter den Gurten bilden sich auch bei ihm mit der Zeit feuchte Flecke und Streifen.
Doch wir machen keine Pause, auch über Mittag nicht. Die Hauptsaison hat begonnen, und Patrick muss noch drei Hütten fertigbekommen, die für August und September bereits vermietet sind. Das erledigt er alles selbst. Aus Kostengründen, und weil ihm das Spaß macht. Mit meiner unersetzlichen Hilfe, natürlich. Zwischendurch fahren wir bei zwei der schon laufenden Ferienhütten vorbei. Eine ist leer, die Gäste sind wohl Wandern. Die anderen begrüßen uns herzlich und beteuern mindestens zehn Mal, wie super ihnen der Aufenthalt gefällt. Patrick nickt und strahlt.
Anfangs ist es ein wenig gezwungen zwischen uns. Wir spielen die Unbefangenheit eher. Und als sich an der ersten Baustelle beim Material abladen unsere Hände ...