Fasching Teil 6 von 8
Datum: 18.11.2022,
Kategorien:
Erstes Mal
Autor: byNimmermehr
... gut.
Nach Einbruch der Dunkelheit kam die Polizei immer nur mit mehreren Fahrzeugen. Ich glaubte Sandras Geschichten unberufen.
Hier würde ich mich auch nicht wohl und sicher fühlen. Für Sandra war es dagegen wohl eher alles Gewohnheit. Sie lebte hier.
Wobei ich mein Urteil über diese Gegend keineswegs abschätzig und schon gar nicht im Hinblick auf den Begriff „Ausländerproblematik" (das Wort als solches ist schon ein abwertender und beinahe rassistischer, aber eben leider üblicher Begriff)
meinte. Es war einfach Ausdruck meines Erschreckens, hinsichtlich des sich hier abzeichnenden Städtewandels, sowie des meines Erachtens völligen Versagens der Stadtplaner.
Das war ein Ghetto und es war nicht länger im Entstehen begriffen -- eingesessene Frankfurter mögen mir mein hartes Urteil verzeihen. Ein vorprogrammierter sozialer Brennpunkt, der die Vergessenen, die Ausgestoßenen und die Abgehängten bündelte...
Oder, wie in Sandras Fall, so manche kinderreiche Familie, die sich sonst keinen anderen bezahlbaren Wohnraum in einer besseren Stadtgegend leisten konnte.
Melissa wohnte auch hier in der Gegend -- auf der anderen Seite der Mainzer Landstraße im „Vogelviertel" -- noch trostloser und anonymer.
Ich parkte direkt vor dem Haus, in dem Sandra wohnte und blockierte einfach einen dort stehenden Wagen.
Die Fahrt von Melissa hierher war wieder ein wenig ruhiger gelaufen. Wir hatten beschlossen, in ihrer Gegenwart Themen wie „Melissas Mutter" oder „Günther" ...
... möglichst zu vermeiden oder nur am Rande zu streifen. Ebenso das Thema „Sex". Wir wollten, dass Melissa sich nicht ausgegrenzt fühlte.
„Magst du mit hochkommen, Kai?"
„Neugierig bin ich schon ... Aber nein, ich bleibe lieber hier im Wagen. Nur für den Fall, dass der rote Skoda gerade jetzt weg will."
„Dann gehe ich schnell mit Elke. Wir wohnen in Parterre. Gleich hier der Balkon."
„Gut. Wenn was ist, ruft an."
„Bis gleich."
Die Mädels sprangen aus dem Wagen und verabschiedeten sich winkend. Ich trank einen kleinen Schluck Wasser. Ich fühlte mich müde. Die Ansicht dieser Lebensverhältnisse hatte mich geschockt.
Hoffentlich hatten mir die Mädels meine Reaktion nicht allzu sehr angesehen.
Weder Melissa noch Sandra hatten sich ausgesucht, hier zu wohnen. Und wenn ich mich hierüber echauffierte, war das ungerecht!
Beide waren patente Mädchen und gestandene Persönlichkeiten, die etwas aus ihrem Leben machen wollten... und ganz sicher auch machen würden.
Wenn ich mich jetzt hier gedanklich über „Herkunft" ausließ, musste ich mir einfach mal vor Augen führen, aus welchen Verhältnissen meine beiden Großelternpaare stammten!
Ehrlicherweise war ich letztendlich nicht automatisch ein guter oder besserer Mensch, nur weil meine Eltern vermögend waren und ich mich ins „gemachte Nest" setzen konnte.
Welch ein pseudophilosophisches Geschwätz!
Konnte ich nicht ehrlich zu mir selbst sein?
Da waren sie, meine Selbstherrlichkeit, meine Vorurteile und meine ...