1. Kleine Cornelia


    Datum: 17.08.2018, Kategorien: Fetisch Autor: verflixtnuamoi

    (dbk)
    
    Endlich waren die Schulstunden zu Ende und alle stoben hinaus ins Freie. Wir gingen in eine Privatschule, die doch erhöhte Ansprüche an uns stellte – wir mussten uns dort mehr anstrengen und das wäre besser für unsere Zukunft, behaupteten zumindest meine Eltern. Vielleicht war das der Grund, weshalb wir uns so ungestüm verhielten während wir auf den Zug warteten, der uns nachhause brachte. Vielleicht aber waren wir auch nicht lebhafter als Kinder mit dreizehn Jahren eben sind. Michael aus der Parallelklasse hatte mich mit einem Schneeball beschossen und ich startete die Revanche. Dabei rutschte ich aus und stürzte auf die Geleise, direkt vor den einfahrenden Zug.
    
    Als ich wieder zu mir kam, saß meine Mutter neben mir. Sie weinte. Warum brummte es in meinem Kopf so schrecklich? Ach ja, ich war gestürzt! Was war bei diesem Sturz eigentlich passiert, fragte ich meine Mutter. Habe ich dabei etwa die schöne Jacke zerrissen, die ich erst zu Weihnachten bekommen hatte? Das war doch kein Grund zum Heulen.
    
    Ja, sagte sie, die Jacke ist auch zerrissen. Jetzt besah ich meine Hände. Unter Verbänden konnte man Hautabschürfungen erkennen. Ich hätte eine Gehirnerschütterung, sagte mir meine Mutter, dann stockte sie. „Die Beine habe ich mir wohl auch gebrochen,“ fragte ich, „die tun ganz schön weh!“ Meine Mutter schluchzte auf: „Cornelia, du hast keine Beine mehr!“ presste sie nach einer Weile hervor. Keine Beine mehr? Ich spürte sie doch ganz deutlich.
    
    Mit dreizehn ...
    ... begreift man die Tragweite einer solchen Veränderung noch nicht so sehr. Die Beine waren eben weg und ich würde damit schon zurechtkommen. Natürlich umhegten und umpflegten mich meine Eltern und auch mein Bruder, von dem ich mich sonst meist sekkiert fühlte, war mit einem Mal nett und hilfsbereit. Ich genoss es, dass sich nun alles um mich drehte. Anfangs fand ich es auch sogar fast noch als lustig, mit meinem Rollstuhl durch die Gegend zu sausen. Ich konnte nicht ahnen, wie überdrüssig mir dieses Gefährt noch werden würde. Dieser Zustand stellte sich auch alsbald ein. Schon wenige Wochen nach dem Unfall hatte ich das ewige sitzen müssen satt. Ich wollte stehen und gehen.
    
    Schnell wurde ich mit der Weisheit konfrontiert, dass man nicht behindert ist, sondern behindert wird. Überall Barrieren. Die Schule hatte keinen Aufzug, ich musste mitsamt meinem Rolli ins Klassenzimmer hochgetragen werden. Die Toilette benützen war eine akrobatische Übung. Ich hatte früher gar nicht bemerkt, mit wie vielen Stufen und schmale Türen die Umwelt ausgestattet war. Wo man mit dem Rollstuhl nicht hinfahren konnte, war für mich plötzlich unerreichbar, auch wenn es nur wenige Meter waren. Ich konnte deshalb auch nicht mehr außer Haus, wann immer ich wollte. Die fünf Stufen zum Windfang waren auf einmal ein unüberwindbares Hindernis für mich! Anfangs brauchte ich sogar Hilfe, wenn ich auf die Toilette musste.
    
    Das alles ließ mich bald ekelhaft werden, ich wurde reizbar, manchmal unausstehlich. Eine ...
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