1. Natascha


    Datum: 18.08.2018, Kategorien: Betagt, Autor: byadrianvf

    Im Kino-Café
    
    Was für ein widerwärtiger Tag! Missmutig sitze ich im Garbo, einem Kino-Café, vor einem Glas Sauvignon blanc. Na ja -- der Salat war wirklich ausgezeichnet, auch der Wein übertrifft meine Erwartungen. Das kann meine Laune nicht wirklich aufhellen: Nur mäßig geschlafen, Kaffeedose leer, Stau vor dem Elbtunnel, unangenehme Fahrt im Regen nach Osnabrück, Kunstausstellung mäßig, Einführungsrede indiskutabel.
    
    Ich hätte meinen heutigen 62. Geburtstag wahrhaftig besser verbringen können. Seitdem ich vor gut einem Jahr meine Dozentenstelle am Philosophischen Seminar der Uni Hamburg aufgegeben habe, pflege ich meine diversen Freundschaften mit Kollegen und ehemaligen Studenten intensiver. Auch die eine oder andere Frau mit eher privatem als philosophischem Interesse hätte den Tag gern mit mir verbracht. Schließlich -- das sei mit der nötigen Bescheidenheit vermerkt -- bin ich durchaus attraktiv: sportlich, schlank, äußerst gepflegt und finanziell ausgesprochen gut situiert. Sicherlich: Mein Dreitagebart wird zunehmend weiß und auch die Schläfen verfärben sich langsam. Das tut aber meinem Äußeren keinen Abbruch, wie ich von verschiedenen Seiten immer wieder zu hören bekomme. ›Es nützt alles nichts‹, stelle ich fest. ›Ich habe meinen Geburtstag nun mal verschusselt, als ich den Besuch dieser mediocren Ausstellung zugesagt habe.‹
    
    Das Café -- eigentlich eher ein Restaurant -- füllt sich langsam mit penetrant gut gelaunten Leuten, so gar nicht passend zu meiner ...
    ... Stimmung. Stimmengewirr, Lachen, dazwischen flitzen junge Damen, freundlich ihre Gäste bedienend.
    
    Eigentlich wollte ich mir einen Film ansehen, kann mich aber dann doch nicht aufraffen, lasse meine trüben Gedanken vom Trubel zerstreuen, tauche ein in einen inhaltslosen Tagtraum.
    
    Ein Griff an meinen Oberarm holt mich in die Realität zurück. Ich drehe meinen Kopf, meine Nase stößt fast an zwei prächtige Wölbungen, wunderbar duftend, wie ich in einem Bruchteil einer Sekunde wahrnehme. Kein Parfum, nichts Künstliches, sondern nur Haut, reife, weibliche Haut. Nicht frisch gewaschen, leicht schweißig aber keineswegs streng. Irritierend erregend.
    
    »Hallo? Ich habe gefragt, ob der Platz noch frei ist«, kam eine Stimme aus dem Off. Nur widerstrebend löse ich mich von den sinnlichen Sensationen, hebe langsam den Kopf. Vor mir steht eine Frau, nein: ein Vollweib und lächelt mich an. Ich stehe auf und nutze diesen Akt der Höflichkeit, mein Gegenüber zu mustern. Ja -- ein Vollweib mit perfekten Rubens-Proportionen. Füllig aber nicht unförmig. Herrliche Brüste, die in einiger Distanz nichts verlieren. Im Gegenteil. Sie passen perfekt zur vollschlanken Taille und zur harmonisch geschwungenen Linie ihres Beckens, von einem engen schwarzen Lederrock lockend zur Geltung gebracht. Darunter die Knie, keineswegs knochig, soweit unter schwarzen blickdichten Nylons zu erahnen. Die Unterschenkel leider von einem Stuhl verdeckt -- ich werde die Begutachtung unbedingt nachholen.
    
    »Ein drittes Mal ...
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