1. Der Seelentrinker Teil 5 von 7


    Datum: 28.06.2023, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byNimmermehr

    ... diesem Krach war sie ihrer Mutter nachgegangen und hatte an die Schlafzimmertür geklopft.
    
    Sie saßen dann zusammen auf dem Bett ihrer Mutter und Tonja sagte ihr, wie leid es ihr täte.
    
    Und das tat es wirklich.
    
    Heute wollte sie mit ihrer Mutter zusammen in das Krankenhaus gehen.
    
    Sie wollte das wirklich.
    
    Und sie wollte diesem Typen eine Chance geben -- weil es wichtig für ihre Mutter war.
    
    Auch wenn sie im Grunde ihres Wesens nach wie vor skeptisch und vorsichtig war.
    
    Aber war ihre Mutter gestern zufrieden damit?
    
    Nein! Sie setzte da noch was drauf.
    
    Sie hatte Tonja als Krönung noch das Märchen von diesem „Ring" aufgetischt.
    
    „Ein „Wunschring" -- Gaaanz sicher, Mutter!"
    
    War meine Mutter langsam aber sicher völlig durchgedreht?
    
    Die Bilder des gestrigen Abends standen Tonja noch lebhaft vor ihren Augen.
    
    Ja!
    
    Gestern Abend ...
    
    Da lachte sie immer noch, über die Geschichte mit den Bananenkisten...
    
    Doch dann, als ihre Mutter den Bananenkarton aus dem Kleiderschrank holte und ihn öffnete ... Bei dem Blick auf das viele Geld ... Sie hatte gestern eine Gänsehaut. Und jetzt gerade bei der Erinnerung wieder.
    
    Ja das war gestern.
    
    Und es war real!
    
    Die Kiste stand nach wie vor im Schrank!
    
    Und dann erzählte ihre Mutter auch das von ihrem Vater.
    
    Wieso auch immer -- Tonja glaubte die Geschichte sofort.
    
    Ihr Vater war tot!
    
    Er war für sie schon vor sechs Jahren gestorben, als er sie alle Sitzen ließ, mit all der Scheiße!
    
    Der ganze ...
    ... Zorn, die ganze Wut waren wieder hochgekommen.
    
    Aber auch etwas Trauer und Hilflosigkeit.
    
    Sie hätte ihn gern noch einmal gesehen.
    
    Ihm ins Gesicht gespuckt.
    
    Ihm gesagt, dass sie ihn verachtete und dass er sich verpissen soll.
    
    Dass er ihretwegen irgendwo in der Gosse verrecken kann!
    
    Jetzt konnte sie ihm all das nicht mehr sagen.
    
    ... Ihrem Vater.
    
    Nie wieder würde sie ihn wiedersehen können.
    
    Nie wieder würde er die Gelegenheit haben, vielleicht doch zu versuchen, ihr all das zu erklären. Oder ihr zu sagen, dass er sie und ihre Mutter doch lieb gehabt hätte und er einen riesigen Fehler begangen hatte.
    
    Vorbei.
    
    Aus.
    
    Sie musste all das vergessen.
    
    Sie musste all das verdrängen.
    
    Und an die Zukunft denken.
    
    Endlich konnten sie weg hier aus dem Viertel.
    
    Endlich würden sie all das tun können, wovon sie immer geträumt hatten.
    
    Und endlich würde Tonja ihre Großeltern wiedersehen können. Sie konnte sich kaum noch an sie erinnern. Klar schrieb man sich oder telefonierte auf Skype. Aber für Videotelefonie war die Verbindung bei ihren Großeltern nicht schnell genug.
    
    So war das halt mitten im Ural.
    
    War halt nicht Frankfurt Gutleutviertel.
    
    Aber die Dörfer um Inta hatten auch keine Ähnlichkeit mit dieser menschenfressenden Trabantenstadt. Tonja mochte Frankfurt nicht -- zumindest nicht der Teil, in dem sie wohnten.
    
    Dagegen konnte sie sich noch daran erinnern, als sie vor acht Jahren das letzte Mal Oma und Opa besucht hatten -- und all die ...
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