1. Wenn die Nachtigall erwacht 06


    Datum: 21.03.2018, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: by_Faith_

    ... Sie wusste dennoch, dass die Natter genau hinter ihr war und zum finalen Stoß ausholte. Diese ultimative Gefahr rankte, ausgehend von der Wurzel, in den Flur, von dort in die Küche und durch das Loch in der Wand, zurück in die Abstellkammer. Der Stachel kam eine Handbreit vor ihrem Hinterkopf zum Stillstand, rang um jeden Zentimeter, aber die Königin war unerreichbar.
    
    »Zu kurz?«, fragte sie erschöpft, griff mit dem Arm hinter sich und packte die Natter. Sie riss die Spitze mit dem Stachel ab und warf sie auf den Boden. V'nyx der IV. stieß einen telepathischen Schmerzensschrei aus und verpasste der Königin mit einem großen Tentakel einen Schlag auf die Flanke. Sie flog durch die Luft, klatschte gegen die gegenüberliegende Wand und taumelte. Ihre Beine knickten ein. Die Königin blieb stoßweise atmend liegen, ihr geschundener Körper war ein Flickenteppich aus Wunden und Schmerz mit einem Überzug aus Gipsstaub. Sie lächelte die beiden großen Blüten mit Blut im Mundwinkel an.
    
    Mit vernebeltem Blick, und mehr Adrenalin als Blut in ihren Adern, reckte sie V'nyx dem IV. den Mittelfinger entgegen.
    
    »Weißt Du, was das heißt?«, schrie sie mit rauer Stimme.
    
    ‚Nein.'
    
    Sie ließ die Hand erschöpft fallen und lachte heißer: »... weil Du einen SCHEISS über diese Welt weißt!«
    
    Sie versuchte, den Oberkörper aufzurichten, verzerrte das Gesicht vor Schmerz, und war fürs Erste zufrieden, sich auf den Ellenbogen stützen zu können. Ihr linkes Auge schwoll langsam zu. Mit dem rechten ...
    ... schaute sie zu V'nyx dem IV., der bei Weitem nicht so mitgenommen aussah. Sie leckte sich das dunkelrote Blut von ihren blauen Lippen, die stellenweise auf unästhetische Größe angeschwollen waren. Der Kampf war vorüber. Obwohl V'nyx der IV. sie mit Leichtigkeit töten könnte, ließ er sie in Ruhe. Eine tote Königin brachte keinen Vorteil gegenüber einer widerspenstigen, die lebte.
    
    »Ich verspreche dir, dich niemals zu töten. Im Gegenteil: Ich werde alles daransetzen, dass es Dir gut geht, aber nur, wenn Du mir ab jetzt vertraust und akzeptierst, dass ich die erste Stimme in unserem kleinen Königreich bin.«
    
    ‚Welches Ziel verfolgt dieses Königreich?'
    
    »Keinen Krieg mit den Menschen anfangen und ihnen keinen Grund geben uns anzugreifen. Wir versuchen still und heimlich zu überleben solange es eben geht.«
    
    ‚Hast Du mal darüber nachgedacht, dass wir die letzten unserer Art im ganzen Universum sein könnten?'
    
    Diese Frage traf die Königin härter als die Peitschenhiebe des eben beendeten Kampfes. Sie verdrängte die Vorstellung, bevor ihr schwindelig wurde.
    
    »Nein, das kann nicht sein. Da wo wir herkommen, sind doch noch mehr, oder?«
    
    ‚Ich weiß es nicht, aber es wäre doch tragisch, wenn unsere Art ausstirbt, weil DU zu bequem bist, für ihr Überleben zu kämpfen?'
    
    Ihre Kopfschmerzen nahmen bedrohliche Ausmaße an, sie kniff die Augen zusammen und versuchte, ruhig zu bleiben. Sie musste den Entschluss von heute Morgen teilweise revidieren: »Dieses kleine Königreich wartet auf ...