1. The Beautiful Black Bull 08


    Datum: 24.03.2024, Kategorien: Verschiedene Rassen Autor: bymorgana123

    ... fall'n,
    
    bäuchig schwer, es tropft und tropft und tropft...."
    
    Es war die Stimme von Julia. Meine seit über vier Jahren verstorbene Freundin, die plötzlich neben mir saß. Sie richtete den Blick auf das kleine Büchlein in ihrem Schoss, las laut daraus vor und schien mich nicht wahrzunehmen. Das Gesicht war aschfahl und hohlwangig. Haut über Knochen. Unter ihren langen, blonden Haaren, die dünn und stumpf hinab hingen, wölbten sich die Konturen ihres Schädels. Die braunen Augen, die einst wie Bernsteine geleuchtet hatten, wirkten blass, als wären sie von einem Schleier verhangen. Der mitleiderregende Anblick, einer sterbenden Frau in den letzten Wochen ihres Lebens. Ein Verfall von Schönheit, der sich damals für immer in mein Gedächtnis eingebrannt hatte.
    
    „Julia?... Bist du es wirklich?"
    
    Ihr dahin schweifendes Rezitieren stockte. Langsam hob sie ihren Kopf und wand den Blick in meine Richtung. Inmitten jener ausgemergelten Maske, deren tiefe, dunkle Furchen den nahenden Tod zeichneten, erglomm ein mildes Lächeln. Ein Funke in ausgebrannter Asche. Sie klappte das kleine, ledergebundene Büchlein auf ihrem Schoß zu. Ich erkannte, dass es der Gedichtband war, welches sie mir an unserem letzten gemeinsamen Abend vermacht hatte. Seltsam! Die Verse, die Julia soeben rezitierte, hatte ich nie zuvor gehört. Meine Freundin neigte ihren Kopf leicht schräg und sah mich interessiert an.
    
    „Ja meine Süße!... Ich bin's!"
    
    Ihre dünnen, spinnenartigen Finger legten sich sanft auf ...
    ... meine Schulter, kreisten dort einen Moment, bevor sie behutsam den Nacken entlang strichen. Plötzlich begriff ich, was los war. Ich träumte! Es musste so sein! Wieso hätte ich sonst, völlig nackt, mit meiner verstorbenen Freundin sprechen können und das an jenem See, an welchem Frank und ich uns kennengelernt und vor drei Jahren geheiratet hatten! Ich träumte und war mir dessen bewusst. Ein luzider Traum! Ich hatte die Kontrolle! Konnte Entscheidungen treffen! Eingeständig handeln! Wie spannend! Ich nippte am knöchrigen, bläulich schimmernden Handgelenk meiner Freundin, überglücklich sie nach so langer Zeit wieder zu sehen.
    
    "Das ist ein Traum!... Richtig?"
    
    "Spielt das eine Rolle?"
    
    "Nein Julia!... Tut es nicht!... Ich freue mich einfach nur, dass du hier bist!"
    
    Erneut strich ein feuchtwarmer Hauch von irgendwo her in meinen Nacken. Julias Finger tasteten verstohlen hinter mir entlang. Ich kam ihr entgegen und schmiegte mich in ihre Umarmung. Im Gegensatz zu mir war meine Freundin nicht nackt. Sie trug dieselbe schwarze Bluse und helle Leinenhose wie damals. Unter ihrer Garderobe erahnte man den im Niedergang begriffenen Körper, der von schwerer Krankheit gezeichnet war und den Stoff mit kantigen und weniger kurvigen Formen ausfüllte. Trotzdem war ihre Nähe immer noch ein aufwühlendes Erlebnis für mich. Schauer der Erregung jagten einander. Julia neigte ihren Kopf vor, gab mir einen Kuss auf die Wange und rezitierte nun ohne ihr kleines Büchlein.
    
    „... Ich rieche ...
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