1. Eine harte Zeit im Krankenhaus (1. Teil) - Die ersten Tage


    Datum: 18.04.2024, Kategorien: Sonstige, Autor: CalmBeforeStorm

    ... zusätzlich mit Protektoren, auch wenn wir selbstverständlich niemals so wild fuhren, dass diese benötigt wurden. Dachten wir. Der dritte fuhr ohne, allerdings auch langsamer als wir. Wir nickten uns zu, um die erste Abfahrt in Angriff zu nehmen, ein steiles Stück unterhalb des Gipfels. Bergab sind Gleichgewicht beziehungsweise Gewichtsverlagerung, Vorausschau und richtiges Bremsen gleichermaßen wichtig. Wir beherrschen nach vielen Jahren Erfahrung unsere Bikes sehr gut und dennoch sind kritische Situationen nicht ganz zu vermeiden, wenn man im Straßenverkehr zu den schwächeren Subjekten zählt. Vorsicht vor allem, was vier oder mehr Räder hat. Aber auch E-Skooter, Roller und E-Bikes haben das Leben auf der Straße nicht einfacher gemacht. Im Wald ist es übersichtlicher, aber vor allem Fußgänger auf kombinierten Wegen und erst recht auf ausgewiesenen Bike-Strecken können zur Herausforderung werden.
    
    Und dann gibt es im Wald noch Vierbeiner. wir hatten die erste Abfahrt genossen und sammelten uns erneut für die zweite, längere. Nicht mehr so eng, nicht mehr so steil. Aber schneller zu bewältigen. Und Geschwindigkeit ist einfach ein Adrenalin-Bringer. Bei mir auf jeden Fall. Und so ließ ich es laufen, so schnell, wie ich das Gefühl hatte, mein Bike in jeder Situation noch zu beherrschen. Das Wildschwein, das von rechts ohne Vorankündigung aus dem Unterholz kam, zählte zu den unbeherrschbaren Situationen, von denen jeder Downhill-Fahrer einfach glaubt, dass sie ihm nicht ...
    ... passieren. In meiner Erinnerung flackert immer wieder dieser Bruchteil einer Sekunde auf, in dem mir das Wildschwein in den Weg sprang und ich es bei über 50 Stundenkilometern mit dem Vorderrad traf, bevor meine Erinnerung sich in Dunkelheit auflöst. Zum Bremsen war ich wohl gar nicht mehr gekommen. Fakt ist, dass das Tier den Zusammenstoß weitaus besser verkraftete als ich. Denn ich bin wohl über den Vorderlenker geflogen und muss mich dann unglücklicherweise mit beiden Armen abgefangen haben. Klar, niemand weiß, was ich mir getan hätte, wenn ich mich nicht abgefangen hätte, aber zwei gebrochene Arme sind irgendwie für mich nicht der allerglücklichste Ausgang. Wie geschrieben, ganz genau ließ sich alles nicht rekonstruieren, zumal ein Freund vor mir fuhr und nur hörte, wie ich stürzte und wohl auch schrie, während der andere, der ohne Protektoren, zu weit zurückhing und etliche Sekunden nach meinem Sturz erst eintraf.
    
    Ich muss bewusstlos gewesen sein, wenn auch nicht minutenlang. So richtig kann ich mich erst wieder erinnern, als der Notarzt schon da war und ich im Wagen lag. Mein Bike hatte weniger abbekommen als ich und die beiden Freunde konnten es den letzten Kilometer schieben, von wo einer zu sich nach Hause fuhr, ein Auto holte und mein Rad in Sicherheit brachte. Später erschienen dann beide, noch in Radbekleidung, im Krankenhaus und fingen schon an, Witze über die kommende Zeit ohne Arme zu machen, wie sie mir später erzählten. Männer eben. Die Protektoren und der Helm ...
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