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Krieg und Liebe: Henschels Rückkehr
Datum: 21.05.2024, Kategorien: Romantisch Autor: JoeMo619
... diesem Abend eine klaren Konsequenz: ich musste meine Kenntnisse in den vor Ort vorherrschenden Sprachen so schnell wie möglich erweitern und vertiefen. Denn an diesem Abend konnte mir Una nicht als allgegenwertige Übersetzerin zur Verfügung stehen. Noch eine zweite Erkenntnis erwuchs aus meiner Geburtstagsfeier. Die Hoffnungen auf den Erfolg unseres Eisenbahnprojektes waren riesig, fast illusorisch, aber die verfügbaren finanziellen Ressourcen der Region für dies Projekt waren verdammt limitiert. Eine Schlüsselzahl geistert mir bereits seit einigen Tagen durch den Kopf. Hatte die deutsche Ostafrikanische Eisenbahngesellschaft im Mittel einen Baufortschritt von rund 150 Kilometer pro Jahr erreicht, waren an diesem Ort aufgrund der beschränkten Mittel vielleicht gerade einmal 20% dieses Wertes erzielbar. Die politische und finanzielle Lage im kolonialen Mutterland wurde selbst vom höchsten portugiesischen Beamten vor Ort als "chaotisch" und "sehr unzuverlässig" beschrieben. "Die Regierung erwartet Geldeinnahmen aus ihren Kolonien; im Gegenzug Gelder für Investitionen zu bekommen, ist nahezu ausgeschlossen", war seine ernüchternde Analyse der Verhältnisse in Lissabon. "Zudem wechseln in Lissabon die Regierungen und Minister in einem derartigen Tempo, dass ein Brief, den ich beispielsweise heute an den für die Kolonie zuständigen Minister schicke, erst von seinem Nachfolger oder gar von dessen Nachfolger gelesen wird, der aber bereits aus seinem Amt abberufen wurde, ...
... wenn sein Antwortschreiben mein Büro erreicht." Er zuckte hilflos mit den Schultern und hob entschuldigend seine Hände. "Wir müssen uns auf unsere eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten konzentrieren. Das Mutterland ist sehr weit entfernt und sehr kaputt." Wenn ich unsere Eisenbahngesellschaft, wie von ihren Aktionären gewünscht, zum Erfolg führen wollte, musste ich bei inländischen Nutznießern so gute Überzeugungsarbeit zu leisten, dass von dort erhebliche Zusatzgelder fließen würden. Auch eine weitere Möglichkeit der Finanzmittelbeschaffung kristallisierte sich in den Tischgesprächen unserer Herrenrunde heraus: die Engländer mussten eigentlich ein großes Interesse haben, ihren Kolonien Nord-Rhodesien und Nyassa-Land eine kurze Schienenverbindung zum Ozean zu geben. Denn die bereits bestehenden englisch-rhodesisch-südafrikanischen Bahnverbindungen in Nord-Süd-Richtung hatten tausende Kilometer zwischen den Häfen und den britischen Kolonien zurückzulegen. Und weiter südlich verbanden bereits portugiesische Bahnlinien die Häfen von Lourenço Marques und Beira mit kolonialem Hinterland der Portugiesen und Engländer. In den darauffolgenden Monaten des südlichen Frühlings und Sommers entstand zum ersten Mal so etwas wie berufliche und häusliche Routine. Ich bemühte mich intensiv, sowohl die Bauarbeiten am Schienenstrang selbst als auch an den beiden Brückenbauwerken und den ersten Bahnhöfen und Betriebsgebäuden voran zu bringen, wobei der zunehmend stärker werdende Regen der ...