Krieg und Liebe: Die Berliner Luftbrücke
Datum: 19.06.2024,
Kategorien:
Romantisch
Autor: JoeMo619
... gibt", überlegte Fred in einer ruhigen Flugphase gegenüber seinem Co-Piloten.
"Ich hoffe sehr. Der Kaffee gestern war besser als in unserem improvisierten Casino in Hamburg. War richtig belebend."
"Dann schauen wir mal." Beim Landeanflug auf die Havel hatte Fred wieder das Bild der winkenden Hilde vor seinem Auge, das wenig später in ein reales Bild überging. Erneut mit ihrem Picknickkorb 'bewaffnet' erschien sie pünktlich mit der zweiten Schute an Bord, erfüllte mit lächelnder Freundlichkeit ihre Versorgungspflicht und unterhielt die vier Besatzungsmitglieder so gut es mit ihren beschränkten Englischkenntnissen ging. In einem ruhigen Augenblick erwischten sich Fred und Hilde aber, wie sie sich losgelöst von dem Trubel um sie herum auf zwei Meter Distanz, aber trotzdem sehr tief und fast intim in die Augen schauten.
"Durch die Augen schaut man in die Seele", zuckte in diesem Moment durch Freds Kopf, aber Hilde hielt seinem Blick stand und ließ ihn in ihre Seele blicken.
Dieser Augenblick - ein Wort im wahrsten Sinne des Wortes - mag vielleicht nur fünf Sekunden lang gewesen sein, aber er fühlte sich für beide wie eine halbe Ewigkeit an.
Fred räusperte sich verlegen, als sie ihren offenen Blickkontakt beendeten und ließ sich erst einmal aus der Thermoskanne Kaffee nachschenken. "Sind Sie immer am Vormittag hier draußen?"
"Ja. Ich kann nur Frühschicht arbeiten, weil ich dann eine Freundin habe, die auf meine Kleine aufpasst. Inge arbeitet abends, dann ...
... schlafen ihre beiden Kinder bei mir und sind nicht allein." Hilde erzählte nicht, dass sie mit ihrer Freundin mehr als ein Jahr in einer Bar für britische Soldaten zusammengearbeitet hatte, bevor sie normale Arbeit auf dem RAF-Flughafen bekommen hatte. Es war eine sehr weibliche Soldatenbetreuung, der erstaunlich viele deutsche Fräuleins nachgingen, um sich und gegebenenfalls ihre Familien durch die schweren Zeiten durchzubringen. Und mit der Währungsreform einerseits und der zunehmenden Zahl von alliierten Soldaten anderseits nahm diese Form körperlicher Truppenbetreuung wieder rasant zu. Es lohnte sich, zumindest in finanzieller Hinsicht. Hilde hatte über ihre Freundin schon zweimal das Angebot erhalten, wieder in die Bar zurückzukehren. Aber die belastende Erinnerung an ihre schwere Geschlechtserkrankung im letzten Winter, die sie wahrhaftig außer Gefecht gesetzt hatte und die erst im Frühjahr ausgestanden gewesen war, hatte sie bisher zurückgehalten.
Fred und seine Crew flogen im August täglich nach Berlin, ohne Pause. Immer mit der Frühmaschine und fast immer wurden sie von Hilde auf der Havel empfangen und versorgt. Lediglich sonntags war ein anderes Fräulein mit der Flugcrewbetreuung betraut. Mit jedem Gespräch wurden Fred und Hilde vertrauter, sofern die äußeren Umstände in der Sunderland diese Vertrautheit überhaupt zuließ. Aber die Momente, in denen sie sich stumm und seelentief in die Augen schauten, wurden mehr und länger. Nur der klare Befehl des Oberkommandierenden ...