Krieg und Liebe - Atlantikwetter
Datum: 30.07.2024,
Kategorien:
Romantisch
Autor: JoeMo619
... Georg nickte jetzt ebenfalls nachdenklich. "Davor hatte ich eigentlich am meisten Angst. Das wir hier ankommen und dann nach wenigen Tagen als Feinde entlarvt und zu Kriegsgefangenen gemacht zu werden." Er hob seinen mit frischem Wasser gefüllten Becher und stieß mit Thomas an. "Ein Hoch auf unsere Französischlehrer. Mit unserem Dialekt nimmt uns jeder unsere Herkunft aus Nordfrankreich ab."
"Wo kommen wir eigentlich her, wenn wir gefragt werden?"
Thomas dachte kurz nach. "Lothringen? Du aus Thionville, ist eine Hütten- und Stahlstadt wie Völklingen? Und ich aus Metz, das kenne ich gut."
"Einverstanden. Passt ganz gut, unsere Geburtsorte in unseren neuen französischen Papieren liegen auch im Nordosten."
Am nächsten Nachmittag kam Madeleine zusammen mit ihrer ebenfalls schwarz gekleideten Mutter zum Leuchtturm. Geraldine Safrane wirkte trotz ihrer schwarzen Trauerkleidung ungeheuer lebendig, ihre Augen funkelten geradezu vor Temperament, was sich auch in ihrer unglaublich schnellen Sprechweise ausdrückte. Ihr langes schwarzes Haar, das sie zu einem mächtigen Zopf zusammengebunden hatte, war mittlerweile mit vielen silbrig-grauen Strähnen durchzogen
"Die Herren lechzten gestern nach einem Krug Bier", grinste sie Georg und Thomas an und stellte eine Umhängetasche auf den Tisch. Sie griff in die Tasche und zauberte zwei zugepfropfte Keramikkrüge hervor. "Bitte sehr. Direkt aus unserer Dorfbrauerei, heute morgen ganz frisch abgefüllt."
Georg war begeistert. ...
... "Was für eine wunderbare Überraschung. Ich hatte bei unserer Stationierungsanweisung bereits befürchtet, dass wir für die Dauer unseres Aufenthaltes zu Abstinenzlern werden würden."
Mutter wie Tochter lachten laut auf. "Miquelon ist in den letzten zweiundzwanzig Jahren durch Bier und Schnaps reich geworden. Während die Puritaner in Amerika die reine Lehre verkündeten, haben wir hier gebraut, gebrannt und destilliert, was möglich war. Unsere Männer haben auf ihren Fahrten in die USA fünfzigmalmehr verdient als wenn sie auf Fischfang gegangen wären. Den haben sie nur aus Gründen der perfekten Tarnung unterwegs weiter betrieben."
Georg griff nach einem der Krüge, entkorkte ihn, füllte sich seinen keramisierten Blechbecher voll und nahm einen Probeschluck. Dann stöhnte er geradezu auf. "Großartig. Tut das gut." Er lehrte seinen Becher mit einem großen zweiten Schluck. "Wie heißt der göttliche Nektar?" schaute er seinen Wetterpartner an.
"Ambrosia."
"Genau. Das ist mein Ambrosia."
Die Stimmung zwischen den beiden Wettersoldaten und Mutter und Tochter Safrane war schlagartig entspannt. Nachdem sich die Frauen pflichtgemäß um das Leuchtfeuer gekümmert hatten, saßen sie noch eine halbe Stunde vor dem Leuchtturmwärtercottage und tratschten miteinander. So als ob sie sich bereits seit Jahren und nicht erst seit ein paar Stunden kennen würden. Fast zu spät machten sich die beiden Frauen auf den Heimweg.
"Findet ihr denn noch den Weg, wenn es dunkel geworden ist?" fragte ...