Krieg und Liebe - Atlantikwetter
Datum: 30.07.2024,
Kategorien:
Romantisch
Autor: JoeMo619
... in einem Punkt hoffnungsvoll. "Wenn wir als Begleiter von Geraldine, Madeleine und ihren Schwestern wie als Teil der Familie auftreten, ist das Risiko vermutlich kleiner. Die Familie hat halt keine Männer mehr."
Thomas Langlois sollte recht behalten. Natürlich betrachtete die Gemeinde im Kirchenschiff der überraschend großen und prachtvollen, hölzernen Kirche Notre-Dame-des-Ardilliers die beiden fremden Männer in ihren dunkelblauen Uniformen mit dem Wappen des staatlichen französischen Wetterdienstes am Ärmel mit Neugierde und Skepsis. Aber niemand in der voll besetzten katholischen Kirche der kleinen Insel Miquelon ahnte auch nur im Entferntesten, dass sich unter ihnen zwei deutsche Soldaten auf einer höchst wichtigen Geheimmission befanden.
"Ist schon viele Jahre her, dass ich in einem Ostersonntagsgottesdienst war", gestand Georg seinem Kameraden.
Der Angesprochene nickte zustimmend. "Bei mir in der Oberprima. Also auch viele Jahre."
Trotz der langen Pause war ihnen aber die lateinische Liturgie immer noch so weit vertraut, dass sie nicht weiter auffielen. Nach dem Gottesdienst lief Familie Safrane mit ihren Gästen quer durch den kleinen Ort, der weitestgehend aus überraschend guten und wohl gepflegten Häusern bestand. "Verdanken wir alles dem teuflischen Alkohol", lachte Geraldine Safrane als sie strammen Schrittes mit ausladender Geste das Ortsbild nachzeichnete. "Ich bin im Leuchtturmwärterhaus aufgewachsen, da bestand Miquelon aus einer Ansammlung von ...
... armseligen Fischerhütten. Lediglich unsere Kirche war schon so wie heute. Selbst unsere Schule war eigentlich eine armselige Kate. Dann kam die amerikanische Prohibition und wir hatten eine einmalige Chance, gutes Geld zu verdienen. Und das haben wir für unseren Ort ausgegeben. Jetzt haben wir neue Häuser und einen guten Hafen. Dazu haben wir einen Arzt und einen Zahnarzt. Und die Kinder haben eine ordentliche Schule und eine richtig gut bestückte Bücherei."
"Oh, eine Bücherei? Hier?"
"Ja", antwortete Madeleine und deutete auf ein größeres Holzhaus am Ende der Seitenstraße, die sie gerade passierten. Das ist unsere Schule und dort ist auch die Bücherei. Öffentlich, also für jedermann, nicht nur für Schüler."
"Ich kann Euch gleich Leserausweise ausstellen", mischte sich jetzt auch Madeleines jüngere Schwester, die achtzehnjährige Marie, ein. "Ich will Bibliothekar werden und lerne dort gerade."
"Dann bin ich an diesem Sonntag gleich der erste neue Leser", freute sich Thomas. "Ich hatte nicht zu hoffen gewagt, an unserem Standort eine Bücherei vorzufinden."
Geraldine lachte wieder ihr warmes, gewinnendes Lachen. "Selbst diesen Komfort verdankt ihr dem Alkohol", strahlte sie Thomas an. "Die Bücherei ist eine Spende der drei Destillerien. Wir hatten in der goldenen Zeit so viel Geld übrig, dass wir freiwillig viele nützliche Sachen gespendet haben. Auch die Einrichtung der Zahnarztpraxis war eine solche Spende."
Mit diesem kurzen Ausflug in die Heimatkunde hatten sie ...