Das verlassene Paradies
Datum: 02.11.2018,
Kategorien:
Insel der Scham,
Autor: Anonym
(Wiederentdeckung von Shame Island)
Ich konnte das seltsame Grinsen des alten kreolischen Fischers einfach nicht richtig deuten. Deshalb begann es mich auch zunehmend zu nerven.
War es Schadenfreude?
War es Geilheit?
War es Angst? Es sah tatsächlich meistens wie Angst aus. Ich hatte mal im Zoo einen Schimpansen so grinsen gesehen. Ich dachte erst, der lacht mich aus, aber dann erklärte mir der Tierpfleger, dass dieser Ausdruck pure Angst vor dem Alpha-Männchen ausdrückte.
Mit den Jungs radebrechte der Alte mürrisch herum und der braungebrannte schwarzhaarige Jonas, der ein paar spanische und französische mit ein paar englischen Sprachbrocken zusammenkratzen konnte, schien sich mit ihm leidlich unterhalten zu können.
Aber sobald eine von uns Mädels ihm auch nur einen Schritt näherkommen wollte, oder versuchte, ihn anzureden, zuckte er wie zu Tode erschrocken zusammen.
Warum nur? So hässlich waren und sind wir doch wirklich nicht!
Na gut, wir waren alle nicht sehr vorteilhaft angezogen.
Die letzte Nacht im Tropensturm hatte uns nicht nur unsere schöne Yacht „Karibian Sea-Swallow“ gekostet.
Es war eigentlich nicht unsere Yacht, sondern die von Mikes Vater.
Nein, auch unsere Klamotten bestanden fast nur noch aus löchrigen Fetzen die hier und da schon mal ein Stückchen Haut hervorlugen ließen. Na und?
Kein Wunder.
Wir hatten fast alle nackt in den Kojen gelegen, weil es so drückend schwül war in dieser Wahnsinnsnacht vor dem Sturm. Nur Jenny ...
... und Michelle hatten je ein dünnes Nachthemd angehabt.
Diese hatten wir dann schwesterlich geteilt, nachdem uns der Fischer von unserem kaputten Schlauchboot in der See treibend aufgenommen hatte.
Da waren zwei von uns vier Frauen noch ganz nackt gewesen.
Notgedrungen.
Eigentlich hatten uns ja die Jungs, Jonas, Kay, Mike und Steffen aus dem Wasser gefischt und in das Boot gezogen.
Der alte Muffelkopp hatte keinen Finger gerührt zu unserer Rettung.
Das Wasser war sogar warm gewesen, wie immer vor einem Tropentornado. Jedenfalls wärmer, als der Empfang hier an Bord.
Ich glaube, der Fischer hätte uns einfach ersaufen lassen. Warum nur?
Wir konnten es nicht verstehen und hielten uns zurück.
Aber wir waren ja nicht die Einzigen, die Kummer und Probleme hatten.
Mike, unser Kapitän und Technik-Freak, hockte verzweifelt über seinem geliebten GPS-SuperReciever, mit dessen hervorragenden Möglichkeiten er uns noch gestern den ganzen Tag auf die Ketten gegangen war. Den hatte er unter Einsatz seines Lebens gerettet.
„Das Ding soll doch angeblich völlig wasserdicht sein! Verstehe ich nicht!“ Er war ganz verzweifelt. „Ich will doch wissen, wo wir hier sind, versteht ihr?“
Kay versuchte ihn zu beruhigen: „Nimm den Akku raus und lass ihn trocknen, vielleicht ist da Wasser reingelaufen“
Mike befolgte den Vorschlag und fand tatsächlich Wasser im Akku-Fach..
„Mein Gott! Na so was. Hoffentlich hast du Recht, Kay!“
„Aber der Akku wird leer sein, wenn er ...