1. Erinnerungen 02


    Datum: 15.11.2018, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byErelyn

    ... beinahe den ganzen Tag nur zusammen anzutreffen, nur in der Nacht blieb jeder in seinem eigenen Zimmer. Die Geschichten, die überall in der Schule über uns erzählt wurden, überhörten wir einfach. Ich wartete, aber sie kam nicht, so etwas hatte sie noch nie getan.
    
    Besorgt klopfte ich an ihrem Zimmer an, ein schwaches „Herein" war von innen zu hören. Innen bot sich ein halbes Bild des Schreckens: Das Zimmer war aus irgendeinem Grund völlig verwüstet, Aileen lag in der Mitte des Raumes auf dem Boden, das Gesicht tränenüberströmt. Zum Glück schaffte ich es noch, die Tür hinter mir wieder zu verschließen, ansonsten wären nur dumme Fragen von den Anderen gekommen.
    
    „Was um alles in der Welt ist passiert?", brachte ich hervor.
    
    Ich weiß nicht, woher ich die Geistesgegenwart genommen habe, aber anstatt mich zu ihr zu setzen räumte ich ihr Bett einigermaßen frei, sodass man sich wieder darauf legen konnte, ohne sich weh zu tun. Ich hob sie vom Boden hoch und trug sie zum Bett, so wie Helden in Geschichten Prinzessinnen retten.
    
    Vielleicht war sie in dem Moment auch meine Prinzessin...
    
    „Ich...", stammelte sie, nicht fähig einen kompletten Satz zu bilden.
    
    „Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht... Wahrscheinlich fliege ich aus der Akademie oder werde für immer aus der Stadt verbannt..."
    
    Sie wollte weinen, doch sie konnte es nicht mehr. So schloss sie einfach die Augen, um nichts mehr sehen zu müssen.
    
    Ich hatte immer noch keine Ahnung, was eigentlich passiert ...
    ... war, aber irgendwie fühlte ich, dass sie mich in diesem Moment brauchte. Ich hielt sie immer noch in den Armen, nun drückte ich sie einfach fest an mich. Es war eine Geste, nichts weiter, es würde das, was immer hier passiert war, nicht im Geringsten wieder gut machen, aber es half ihr, sich wieder zu beruhigen.
    
    Als sie wieder die Augen aufschlug und ein wenig gefasster wirkte, wollte ich sie wieder auf das Bett zurücklegen, doch sie hielt sich an mir fest, streckte ihre Hände zu meinem Hals aus und hätte mich wahrscheinlich noch erwürgt, wenn ich mich nicht mit ihr zusammen hingelegt hätte. Später erzählte sie mir, sie hätte es wirklich getan, kein einziger klarer Gedanke war in diesem Moment noch möglich.
    
    Wahrscheinlich ist es seltsam, dass mir genau in diesem Moment auffiel, dass wir uns noch nie so nahe gekommen waren, wenn man von der ersten Nacht absieht, als wir mit 16 in den großen Raum gesperrt wurden, um unsere Grenzen zu erfahren. Mit einem Mal waren wir beide erwachsen, nicht einmal den ersten Kuss hatten wir schon hinter uns. Wir waren Freunde gewesen, nichts weiter, aber jetzt?
    
    Mit weit aufgerissenen Augen lag sie neben mir, glitzernde Spuren von getrockneten Tränen im Gesicht. Was würde passieren, wenn uns jemand so sehen würde, wie wir dicht aneinander gedrückt nebeneinander im Bett lagen? War Aileen wirklich nur eine Freundin, nicht mehr? Die letzten beiden Jahre hatten wir nur die Lehrer während des Unterrichts als moralische Unterstützung gehabt, ...
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