Ich bin nicht Mary
Datum: 28.03.2018,
Kategorien:
Sonstige,
Autor: lucy
... schnappt sich ihre Jeans und ihren Kapuzenpullover, rennt ins Wohnzimmer wo sie beides überstreift, ohne sich um Unterwäsche zu bemühen. Finn geht ihr nach, aber als er den Blick in ihren Augen sieht bleibt er stehen.
Marianthi geht zur Tür, öffnet sie, dann, schon halb im Treppenhaus, dreht sie sich noch einmal um. "Ich bin nicht Mary"! Ihr Schrei ist laut und schrill, laut genug um die Nachbarn zu wecken. Die Tür fällt ins Schloss, dann hört er das Geräusch ihrer nackten Füsse auf der hölzernen Treppe, gefolgt vom Knallen der Haustür.
"Shit! Shit! Shitshitshit"! flucht Finn im Wissen, dass er soeben total Scheisse gebaut hat. Aber er ist klug genug um zu wissen, dass sich das nicht mehr ändern lässt. Er ist auch klug genug um zu wissen, dass es keinen Sinn macht, ihr jetzt hinterher zu rennen. Vielleicht wenn sie zur Ruhe gekommen ist, morgen, oder übermorgen. Dann wird er sich entschuldigen, sie um Verzeihung bitten, ihr anbieten, über alles zu reden. Ihr erzählen, dass er weiss, was sie am Freitag Abend macht, das er sie nicht ausspioniert sondern alles zufällig erfahren hat. Vielleicht gibt sie im ja noch eine zweite Chance.
***
Marianthi, welche nicht Mary ist, zumindest nicht jetzt, sondern einfach eine wunderbare, seltsame und vor allem verwirrte und verletzte junge Frau, rennt unterdessen die Strasse hinunter. Ihre Wangen glänzen von ihren Tränen, ihr Schluchzen klingt laut in der stillen Nacht hier in diesem Wohnviertel, wo an einem Sonntag Abend nach ...
... elf Uhr kaum mehr jemand auf den Strassen ist. "Ich bin nicht Mary", flüstert sie immer wieder. Die Kälte kriecht bereits in ihre Beine, ihre Arme hat sie um sich geschlungen, einerseits gegen die Kälte, andererseits im erfolglosen Versuch, sich selber Trost zu spenden. "Ich bin nicht Mary".
Sie läuft für eine lange Zeit, ohne zu wissen wohin sie geht und noch viel weniger interessiert daran, es zu wissen. Immer wieder flüstert sie ihr Mantra, ab und zu von Tränen erstickt, dann von Schluchzern unterbrochen. "Ich bin nicht Mary".
Irgendwann stoppt sie, schaut hinauf in den Himmel, als ob von dort Hilfe käme. "Ich bin nicht Mary", flüstert sie ein letztes Mal. Dann schreit sie, aus voller Kehle. "Ich hasse dich, Mary! Ich hasse dich! Ich hasse hasse hasse dich"!
Dann sinkt sie auf die Knie, im Schatten einer alten Eibe, vergräbt ihr Gesicht in den Händen und lässt ihren Tränen freien Lauf. Sie weint lange und selbst als sie aufhört, bleibt sie noch zehn Minuten auf ihren Knien, obwohl sie völlig durchgefroren ist und ihr ganzer Körper zittert.
***
Finn kann natürlich nicht schlafen. Er wälzt sich im Bett herum, spielt die Szene in seinem Kopf wieder und wieder durch, jedes Mal anders, jedes Mal besser als sie in Wirklichkeit abgelaufen ist, natürlich, denn so schlimm wie die Wirklichkeit war kann er sie nicht einmal denken. Immerhin hat er beinahe das Liebste, die Liebste, in seinem Leben anal vergewaltigt. Verletzt hat er sie sowieso, zutiefst verletzt.
Er ist ...