1. Die erste Freundin von Michael 02


    Datum: 04.04.2018, Kategorien: Erstes Mal Autor: byspkfantasy

    ... Mutter war. Wer war dann die Mutter? Dann kam die zweite schockierende Erkenntnis unmittelbar nach der ersten. Der Tonfall, in dem das geschrieben war, ließ eigentlich nur eine Deutung zu. Babette war die Tochter von Iris und Jockel bzw. Joanne war der Enkel oder die Enkelin. Babette musste die Mutter sein! Ich rechnete schnell nach und war schockiert. Babette musste danach das Kind mit 15 bekommen haben! War das der Grund für die Geheimhaltung? Aber es gab doch eine offizielle Geburtsurkunde aus dem Krankenhaus im Generalgouvernement Polen für Jockel als Sohn von Iris aus dem Dezember 1942? In einem Krankenhaus konnte man nicht eine fünfzehnjährige Babette mit der damals dreiunddreißigjährigen Tante Iris verwechseln! Und wieso schrieb Babette dann vom Januar 1943 als Geburtstermin? Ich kapierte es nicht!!
    
    Samstag, der 1. April 1961
    
    Am Abend
    
    Jockel nahm die Erklärungen mit einer nur schwer erklärlichen Gelassenheit hin. Die erste Reaktion wird mir für immer im Gedächtnis bleiben:
    
    „Derf ich denn a een Klääd azieche, Babette? Un ma Schniedl mit so a scheene Libbeschdift aamoole?" (1)
    
    So als ob das schon immer ein Herzenswunsch gewesen sei. Es traf mich irgendwie ins Herz, das Jockel all diese Momente verpasst hatte, weil er von Geburt an ein Junge sein musste. Aber wie sonst hätten wir als Familie zusammenbleiben können?
    
    Rassenschande war in 1943 ein mit Zuchthaus bestrafbares Verbrechen.
    
    Meine Güte! Wusste meine Mutter etwas von dieser Tragödie? Dann ...
    ... wurde mir schnell klar, dass dies unwahrscheinlich war. Meine Mutter war damals als überzeugtes Mitglied in einer Frauenorganisation der NSDAP gewesen. Selbst nach dem Krieg und ihrer Abwendung von den Nazis waren einige ihrer Ansichten immer noch merkwürdig. Weder meine Tante Iris noch Babette hätten ihr damals so etwas jemals erzählt. Die Gefahr einer Denunziation wäre zu groß gewesen. Rassenschande?? War der Vater von Jo ein Jude oder ein Zigeuner gewesen?
    
    Deshalb war es im Blick auf das Tagebuch noch merkwürdiger, warum meine Mutter sich mit Babette schrieb und nicht mit Iris, die ihr eigentlich als ältere Schwester näher sein müsste. Aber wie hatte Joanne das alles verdaut? Besonders das zweite Treffen von mir mit ihr interessierte mich. Ich suchte nach dem Sonntag:
    
    Sonntag, der 23. Juli 1961
    
    Am Abend
    
    Jockel -- nein, ich sollte sie Joanne nennen -- hatte so reagiert, wie George es befürchtet hatte. Aber alles der Reihe nach.
    
    Michael hatte auf dem Weg von Heidelberg zurück nach Joanne gefragt. Weil George und ich diese Möglichkeit vorher nicht gesehen und als auch nicht abgesprochen hatten, lief das aus dem Ruder. Eigentlich hatte ich nur sagen wollen, dass es möglich wäre, aber sie wegen des Übens keine Zeit hat. Leider sagte George unverblümt, dass sie zu sehen keine gute Idee war. Ich wollte nicht, dass Michael den Eindruck bekam, als ob wir ein Treffen verhindern wollten. Er sollte Joanne langsam vergessen -- und nicht durch eine Weigerung neugierig ...
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