1. Tesoro


    Datum: 25.04.2019, Kategorien: An– und Ausgezogen, Autor: LaVie

    ... Glückseligkeit und ich nahm nichts mehr wahr als den Geschmack des Zweierlei.
    
    „Bella? Bella!“, rief er plötzlich. Doch ich nahm seine Worte nur schemenhaft wahr. Erst, als er mir auf die Hand klopfte, blickte ich auf.
    
    „Was?“, fragte ich erstaunt.
    
    „I have to confess.“, er wirkte etwas betreten. „Ich habe in der Universität Deutsch gelernt. Wir können also auch Deutsch reden.“
    
    Mir fiel fast das nächste Käsestückchen aus dem Mund.
    
    „Warum reden wir dann Englisch?“, fragte ich angesäuert.
    
    „Weil ich mich wohler fühle damit. Im Institut reden alle Englisch, und in Deutsch mache ich zu viele Fehler.“, bemerkte er schuldbewusst.
    
    Sofort schaltete ich von Genuss auf Erasmus und das bedeutete: Langsam reden, nicht zu lange Sätze bilden und emotionale Ausbrüche vermeiden.
    
    „Das ist in Ordnung. Ginge mir vermutlich genauso, wenn ich an deiner Stelle wäre.“, sagte ich nett.
    
    „Du hast mir noch nicht gesagt, was du studierst!“, der Wechsel in meine Muttersprache hatte ein paar Grenzen geöffnet, die Gedanken flossen besser.
    
    „Ich arbeite am MPI und forsche an Nanoteilchen“, erklärte Roberto. Das war krass. Das Max-Planck-Institut für Nanotechnologie hatte erst vor 3 Jahren einen schicken Glasbau mit der neusten Technik bekommen. 40 Millionen hatte er gekostet. In der Zeitung waren damals Menschen mit Atemmasken zu sehen, die konzentriert in Petrischalen blickten. Roberto sah nicht aus wie jemand, der eine Atemmaske brauchte.
    
    „Das klingt sehr interessant!“, rief ...
    ... ich aus.
    
    „Was machst du? Studierst du auch?“, wollte er im Gegenzug wissen.
    
    „Nein, ich arbeite in der Personalabteilung eines Energiekonzerns. Ich assistiere der Ausbilderin“, erzählte ich.
    
    „Das klingt ebenfalls sehr interessant“, er lächelte.
    
    „Ist es auch. Man muss auf viele Menschen aufpassen“, ein Grinsen umspielte meine Lippen. Wie die Frischlinge durch die Gegend tapsten und Fehler machten, war nicht immer schön, aber niedlich. Und wenn sie alle groß geworden waren und die Prüfung bestanden hatten, war man stolz auf sie und auf sich. Ich hatte mich gefunden.
    
    „Wie lange bist du schon in Deutschland?“, fragte ich.
    
    „Seit 3 Monaten“, antwortete er und nahm einen Käsewürfel. Den letzten Käsewürfel! „Ich war im Bachelor schon für ein halbes Jahr in Hamburg, aber der Master hier ist besser.“
    
    Ich griff nach seinem Handgelenk und sah ihm tief in die Augen: „Das sagen viele.“
    
    Da er nicht daran dachte, loszulassen, fügte ich hinzu: „Entweder du gibst mir diesen Würfel oder schneidest neuen Käse auf!“
    
    Roberto überlegte eine Weile, ohne den Blick abzuwenden. Wurde aus unserem gemütlichen Gespräch ein Psychokrieg?
    
    Schließlich sagte er grinsend: „Dann holt ihn dir!“ In diesem Moment ließ er das Stück fallen, hob es mit der anderen Hand auf – und hielt es mir vor die Lippen. Ich sollte ihm aus der Hand fressen?
    
    Zögernd starrte ich auf den Würfel. Meine Erregung wuchs. Und mit ihr der Skrupel. Natürlich, ich war hergekommen, um ihn flachzulegen, schließlich ...
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