Tesoro
Datum: 25.04.2019,
Kategorien:
An– und Ausgezogen,
Autor: LaVie
... ich.
Während unseres zehnminütigen Marsches malte mir Roberto eine Karte Mailands auf und ich erklärte ihm, wo man gut feiern konnte. Die ganze Zeit hielt er mein Gelenk locker in seiner Hand.
Das Studentenwohnheim war schöner, als ich gedacht hatte – Roberto hatte sich das Einzige ausgesucht, das sich in einem alten Gebäude befand. Der Boden quietschte unter unseren Füßen, als wir durch die Gänge liefen, und von den Wänden bröckelte der Putz, aber es roch nach Museum.
An Robertos Tür klebte eine italienische Fahne. Er versuchte, die Tür aufzuschließen, aber sie klemmte. Verlegen lächelte er mich an und ich lächelte zurück. Vorführeffekt. Schließlich stemmte er das Ding auf und flog fast gegen die Wand.
„Should I take off my shoes?“, wollte ich wissen und betrachtete die Joggingschuhe auf der Plastik-Ablage.
„You can, but then you have go barefoot“, erwiderte er, während er seine Tasche abstellte und geradeaus zum Regal am Fenster ging. Gekonnt griff er nach einem Glas Oliven und der Flasche mit dem Wein, nach dem Parmesan musste er suchen. Der Laib lag vor meiner Nase.
„Doesn’t matter. I like walking barefoot“, erklärte ich und reichte ihm den Käse.
„I have to go to the kitchen to get a plate.“, sagte Roberto und trat aus der Tür. Ein paar Meter weiter hörte ich ihn kramen. Der Teller klirrte, als er ihn aus dem Schrank nahm. Danach das Scheppern der Gläser. Zum Schluss ein Stöhnen, weil der Käse nicht so einfach zu schneiden war, wie Mann es gerne ...
... wollte. Als Frau konnte man erwarten, dass Männer Muskeln in den Armen hatten. Aber gegen ein Stück Käse war selbst der Terminator machtlos.
Als Roberto nach ein paar Minuten wieder kam, stand ich immer noch an Ort und Stelle. Ich dringe nicht gern in das Leben fremder Leute ein.
„Come on!“, lächelte er und deutete auf einen Stuhl. Ich folgte seinem Finger und ging an der Wand entlang. Rechts eröffnete sich ein weitläufiges Zimmer mit einem Bett und zwei Schränken an der Wand sowie einem Tisch mit zwei Stühlen an der Fensterfront. Weiße Gardinen machten alles heimelig.
Roberto stellte den Teller auf den Holztisch und legte ein paar Oliven auf. Um sie herum drapierte er Würfel aus Käse. Als ich mich setzte, goss er Wein ein. Das Getränk roch aromatisch, erstaunlich fruchtig und erinnerte an die Sonne.
„Buon appetito!“, sagte Roberto und reichte mir die Gabel. „Hope you like it.“
‚Mögen‘ war angesichts des Parmesan-Wein-Gemischs, das sich kurze Zeit später in meinem Magen tummelte, leicht untertrieben. Der Käse war göttlich. Da er noch nicht so alt war, hatte er neben dem milden Aroma auch etwas Säure – die perfekte Kombination. Ihn mit dem Wein nicht hinunter zu spülen, sondern ihm einen würdevollen Abgang zu ermöglichen, war die Krönung. Essen ist nicht besser als Sex, Essen IST Sex. Ich verlor mich im Rausch der Käsebröckchen und Weintröpfchen, der Alkohol tat sein Übriges. Vor meinen Augen tanzten bordeaux-farbene Flecken mit gelben zu einer Symphonie der ...