Tesoro
Datum: 25.04.2019,
Kategorien:
An– und Ausgezogen,
Autor: LaVie
... stellte ich ernüchternd fest, dass ich mehr Alkohol brauchte. Oder irgendwas, was danach aussah.
„Germany is good!“, freute er sich. Ja, Deutschland war geil. Wir konnten uns deprimierende Bild-Schlagzeilen, betrunkene Bischöfinnen und Secondhand-Läden für Designer-Klamotten leisten.
„I have to go!“, erklärte ich und deutet auf meinen Becher. Ich wollte Lina Bescheid sagen, aber sie war nicht zu finden. Also flüchtete ich zur Bar und bestellte eine Apfelschorle.
„Hey, Belle! Wie geht‘s dir?“, ein Mann mit hellblauem Hemd strahlte mich an. Raiko. Der Typ, mit dem ich mal auf einer Party rumgemacht hatte. Wir hatten ausgiebig geflirtet, aber seine Art, meine Brüste anzufassen, war nicht optimal gewesen. Er hätte sie fast zerquetscht. Ein paar Stunden nach meiner Abfuhr hatte ich ihn mit einer Brünetten rumknutschen sehen. Er war also doch noch zum Schuss gekommen! Ich hatte ihm dieses Erfolgserlebnis gegönnt. Seit diesem Abend begegneten wir uns immer wieder und meistens war er nur schwer erträglich. Sobald Raiko getrunken hatte und/oder sich unsicher fühlte, ließ er den arroganten Lebemann raushängen, und blendete damit alle verzweifelten Mädchen. Ich hatte ihn durchschaut.
„Danke, mir geht es gut!“, lächelte ich zurück. „Ich warte auf meine Apfelschorle!“
„Yeah, das is total cool! Mein Bier ist auch schon fast alle! Wollen wir danach eine rauchen gehen?“, fragte er fröhlich.
Ich rauchte eigentlich nicht, ertrug aber die Leute mit den Tabak-Tanks ganz gut. ...
... Und frische Luft war nachts noch besser. Vielleicht konnte ich Raiko davon abhalten, sich nicht völlig abzuschießen.
Gemütlich schlenderten wir nach draußen und suchten uns eine ruhige Ecke auf der Wiese.
„Du siehst echt gut aus!“, sagte Raiko und betrachtete mich ausgiebig.
„Natürlich!“, grinste ich. „Warum geht man denn sonst auf eine Party? Wenn ich die Welt retten will, gehe ich in ein Labor.“
„Oder in die Politik.“, korrigierte er und zündete sich seine Zigarette an.
„Ich rede von ‚retten‘, nicht ‚zerstören‘!“, erwiderte ich. „Du siehst aber auch nicht schlecht aus“, ich fasste an seinen Kragen und untersuchte ihn, „aber scheinbar hat dich noch keine rangelassen.“
„Guter Wein muss reifen, das weißt du doch!“, gab er zurück.
„Stimmt, und auch ein Abend muss reifen. Je später, desto besser!“, sagte ich ironisch.
„Wenn du als letzte übrig bleibst, könnte das was werden.“, lächelte er. Seine Augen waren nicht schlecht, stellte ich fest, aber seine Hände wollte ich nicht noch mal auf mir haben. Andererseits kannte ich den Rest nicht ...
„Danke, aber das Aufräumen überlasse ich den Putzfrauen!“, erklärte ich lässig.
„Willst du bei mir putzen?“, fragte er.
Ich knuffte ihn in den Bauch, sodass er sich verschluckte. Das war Antwort genug.
Im Laufe der folgenden drei Zigaretten unterhielten wir uns über die Uni, meine Arbeit und das Wetter. Raiko war ein gutes Stück an seiner Bachelor-Arbeit vorangekommen und kannte jede Zellkultur beim Namen. ...