1. Die Stellvertreterin


    Datum: 27.04.2019, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym

    ... Auslösers lassen mich leise aufstöhnen.
    
    Es blitzt und es klickt in immer kürzeren Abständen.
    
    Ich stelle, ohne mir dessen bewusst zu sein, meine Atmung darauf ein und atme hechelnd und schnaufend wie eine Hündin durch den Mund.
    
    Ich hänge mich an die Türklinke, nehme das Türblatt zwischen die Schenkel und werfe Haare, Kopf und Schultern in den Nacken. Ich baue eine Brücke mitten in der Küche und recke meinen Bauch mit dem kleinen Schamhaarherzchen in die Höhe. Ich versuche einen Handstand am Schrank, rutsche weg und stürze auf den Rücken, liege auf den Fliesen und strecke alle Viere von mir.
    
    Ich ziehe die Füße heran, unter den Hintern, stütze mich auf meinen Ellenbogen ab und drücke mich mit Bauch voran nach oben.
    
    Meine Möse, diese gierige Mieze, versucht mit ihrem geöffneten Schamlippenmaul die Kamera zu fressen. Böser, böser Mösentiger du.
    
    Oder ist es umgekehrt? Will die Kameralinse meine Möse fressen? Weder noch. Eine Hand nähert sich mir und zieht mich nach oben.
    
    Wessen Hand? Ist mir doch jetzt völlig egal.
    
    Wo ist hier ein Baum, auf den ich wie eine Katze klettern könnte?
    
    Oder wenigstens eine Leiter oder Treppe, die ich auf Katzenpfötchen erklimmen könnte? Nichts dergleichen da.
    
    Ich erklimme den Küchentisch und mache einen Katzenbuckel, drehe mich um, hocke mich hin, drücke die Schultern zurück, das Becken hoch und die Brüste nach oben Richtung Lampe und versuche mit weit gespreizten Schenkeln in das Spülbecken zu pinkeln. Es gelingt mir nicht. ...
    ... Ich muss jetzt gar nicht pinkeln. Ich fühle mich so wahnsinnig frei und entfesselt, wie ich es noch nie erlebt habe. Hemmungslos. Frei, bedenkenlos zu tun, was ich will. Gigantisch geil!
    
    Komischerweise ist mir dabei durchaus klar, dass ich das Gleiche furchtbar albern finden würde, wenn ich dabei alleine wäre. Ich gebe eine Show.
    
    Bin das wirklich noch ich selber?
    
    Es gibt einen lauten Knall und ein metallisches Scheppern. Andreas liegt am Boden, neben dem Küchentisch. Die Kamera hat sich ihre Teile zerlegt.
    
    Ich komme wieder zu mir und mache mir schwere Sorgen.
    
    Es ist wie eine kalte Dusche.
    
    Er wollte mich beim Zielpinkeln von oben Fotografieren und ich habe ihn unbewusst vom Tisch geschubst. Eine Berührung am Rücken hatte ich gefühlt.
    
    Erst bin ich sehr erschrocken, aber dann rappelt er sich wieder hoch und grinst verlegen.
    
    „Shitt!
    
    Die Kamera ist im Arsch. Ich habe durch den Sucher geguckt und einen
    
    Schritt nach hinten gemacht. Einen zuviel. Aber die Karte ist noch ok.
    
    Wenigstens das.
    
    Babs, du warst einfach Klasse! Aber dass so etwas in dir drinsteckt,
    
    das habe ich gleich gespürt.“
    
    Ich habe mich wieder gefangen und voll im Griff.
    
    Aber neu ist, dass ich meine Nacktheit jetzt überhaupt nicht mehr als Problem wahrnehme. Im Gegenteil. Es ist angenehm. So will ich bleiben.
    
    Ich bin ich und ich fühle mich gut. Leicht, fast unbeschwert wie eine Feder.
    
    Ein gemeinsames lautes Lachen beschließt die Aktion.
    
    So ein Malheur aber auch! Wir ...
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