1. Weihnachten- ein fiktives Fest


    Datum: 06.10.2019, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym

    ... hier und ich mache Dir das Gästezimmer fertig. Es wird sogar geheizt. Zieh Dir diese Hüttenschuhe an und komm einfach mit.“
    
    Ich zeigte ihr die unbenutzte Kammer, eigentlich Pierres Schlafraum und heizte den kleinen Ofen an. In einem Wandschrank lag immer frische Wäsche, eigentlich nur für Jungs, aber ein warmer Trainingsanzug und Pullover sind immer noch besser als nasse Skianzüge und Stiefel. Helen suchte sich etwas Passendes aus und ich zog mich zurück in den Wohnraum. Schnell waren eine Suppe angesetzt, Brot geschnitten und eine Flasche Wein, Butter und frischer Käse auf dem Tisch. Kaum waren die Vorbereitungen abgeschlossen, kam Helen auch schon wieder aus ihrer Kammer und nun strahlte sie mich an. Sie sah einfach drollig aus in den geborgten Sachen, alles war etwas zu groß, doch so konnte sie ihre nasse Ausrüstung neben den Kamin hängen und morgen würde es schon trocken sein. Meine einzige Glühbirne löschte ich und zündete zwei dicke Kerzen auf dem Tisch an, im Kamin knackte frisches Holz und dann begannen wir zu essen. Sie musste wirklich hungrig sein, denn am Anfang sagte sie kein Wort beim Essen, sie aß einfach nur. Ich schaute ihr mehr zu, als ich selbst aß, denn schon lange hatte ich keine Frau mehr zu Gast in meiner Behausung.
    
    Wie soll ich Helen beschreiben, dunkle Haare, etwa 1,60 m groß, knapp dreißig Jahre und das was Männer im Allgemeinen griffig nennen. Also alles im richtigen Maß und an den richtigen Stellen gepolstert. Eben ein hübsches Mädchen. ...
    ... Langsam bekam sie auch richtig rote Wangen, sicher weil ihr wieder warm wurde und der Wein dürfte sein Übriges dazu getan haben und als ihr erster Hunger gestillt war, begann sie auch über sich zu erzählen.
    
    Helen war 28 Jahre, kam aus Dresden und hatte vor zwei Jahren ihr Architekturstudium abgeschlossen. Dort lernte sie ihren Freund kennen und gemeinsam begannen sie in einem Architektenbüro zu arbeiten. Immer öfter kam es aber zum Streit mit ihm, weil ihre Arbeiten bei den Kunden besser ankamen. Sie hatte einfach mehr Gespür für den Trend der Zeit, die Leute wollten nicht mehr so technisiert und geradlinig wohnen. Romantik war angesagt. Er lebte mehr den Bauhausstil, gerade und zweckmäßig, keine Schnörkel. Das passte sicher in Büros und Betriebe, aber eben nicht zu Privathaushalten und ihr Chef sagte es ihm auch. Als er ihm dann auch noch in ihrem Beisein ihre Arbeiten lobte und ihn bat, sich bei seiner Freundin etwas abzuschauen, verließ er das Büro, räumte seine Sachen aus ihrer gemeinsamen Wohnung und zog zu seiner Mutter. In der Firma kündigte er und wird wohl nun in einem anderen Betrieb anfangen. Ihre geplante Hochzeit im Sommer war damit auch erledigt.
    
    Während sie ihre Geschichte erzählte, stahlen sich einige Tränen in ihre schönen Augen und ich musste ihr mit einem Taschentuch aushelfen. Was ist man doch immer hilflos, wenn eine Frau weint. Eine die man kennt, kann man in den Arm nehmen, aber eine fast fremde Frau? Trotzdem setzte ich mich neben sie und nahm sie ...
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