1. Dunkle Hochzeit Ch. 01


    Datum: 24.10.2019, Kategorien: Nicht festgelegt, Autor: byPoppingTom

    Dana sah einen Moment lang in den Spiegel, lachte sich kurz an, gab ihren Spiegelbild ein Küsschen, und war wieder vollends zufrieden mit sich und der Welt. Man musste sie einfach lieben. Sie, 20 Jahre altes Kind von chinesischen Einwanderern, hatte irgendwie einen leuchtenden Ausdruck von Seele in ihrem Gesicht, der sie von ihren Geschwistern, die meist recht in sich gekehrt, bisweilen verbissen ehrgeizig wirkten, recht deutlich unterschied . Vielleicht, weil sie als einzige in der Familie ganz hier aufgewachsen war, hier in Amerika, dem freien, wilden Land, wo alles möglich ist. Sie hatte der Versuchung widerstanden, ihr Haar zu gelen und zu dauerwellen und damit wie eine asiatische Klapperdürr-Kopie von Faith Evans auszusehen, ihr Haar war leicht, geföhnt, luftig und locker, und wie sie so lagen, wirkte ihr Kopf, als ob er leicht glühen würde. Es machte Spass, mit den Händen immer wieder durch zu gehen und diese hauchdünne Leichtigkeit zu spüren. Ihre süssen, offenen, lachenden schwarzen Augen glühten mit den Haaren um die Wette. Ihre Lippen waren recht dünn, aber ihr Lachen war wie ein kleiner Kuss.
    
    Seit einer Woche arbeitete sie schon hier, in der Boutique „Lasgo's“in der 18th Street bei Pilsen, direkt neben der Hochbahn, die ins Innere von Chicago führte. Sie mochte den Laden, sie mochte die Arbeit, und der Inhaber versprach, gut zu zahlen, das war ja fast ein kleiner Traum. Sie konnte sich verkriechen in ihre Arbeit, der Anblick der ganzen Sachen und die Tatsache, ...
    ... dass sie sich den ganzen Tag damit beschäftigen musste, beruhigten ihre Seele. Verglichen mit der Strasse, auf der sich der Laden befand, war es hier schön sauber. Verdammt sauber. Es war hier so sauber, dass man auf den blanken Fussboden schlafen, vom Küchentisch ohne Teller essen wollte. In dieser Sauberkeit fing man an, seinen Körper zu spüren. Ob man einen Slip für 20 oder einen für 200 $ an hatte, nirgendwo schien man das so deutlich zu spüren wie hier.
    
    Das einzige, was in ihr ein komisches Gefühl auslöste, war der Besitzer. Ein weisser Kerl Mitte 30, der sich immer schwarz kleidete. Schwarze Hose, manchmal Jeans, manchmal Leder, Polohemd oder T-Shirt oder Rollo, aber immer schwarz, und immer mit einen Gürtel, der sichtbar nicht von der billigen Sorte war. Sein Gesichtsausdruck war schwer einzuordnen. Um arrogant zu sein, wirkte er zu feinfühlig, für Verachtung oder Hass wirkte er zu interessiert, für versteckte Lüsternheit, aber auch für Verzweiflung, die sein Blick manchmal auszudrücken schien, wirkte er zu beherrscht. Dominant, das traf es wohl noch am ehesten. Nur eben ruhig dominant. Er durchbohrte sie mit seinen Blicken, er zog sie nicht einfach aus, er gab ihr das Gefühl, jeden noch so kleinen Fehler zu erkennen, selbst wenn sie sich sicher war, alles richtig zu machen. Damals, als sie sich hier vorstellte, da hatte er sie lange so angeguckt, und sie war regelrecht in dem Boden versunken, hatte plötzlich da Gefühl, diesem Job nicht gewachsen zu sein, war sich ...
«1234...23»