1. Dunkle Hochzeit Ch. 01


    Datum: 24.10.2019, Kategorien: Nicht festgelegt, Autor: byPoppingTom

    ... und tapste weg wie ein Golem. Sie weinte noch einmal extra stark, als wolle sie ihn mit ihren Tränen verfluchen. Doch als er aus ihrem Blickfeld verschwunden war, nahm auch der Schmerz langsam ab, und der Verstand gewann wieder Oberhand.
    
    Sie musste hier raus. Wer wusste schon, was der Typ als nächstes tun wird. Vielleicht wollte er sie gleich erschiessen.
    
    Sie stand auf. Überlegte, ob sie einfach rausrennen sollte. Als sie an der Kasse in der Mitte vorbeikam, sah sie, wo er war – er hatte sich in eine Umkleidekabine gesetzt und rauchte seelenruhig eine Zigarette. Ihr fiel ein, dass sich an der Kasse im Schubfach seine Waffe befand, eine immer blitzblank geputzte Smith & Wesson 44er Magnum. Gottseidank war das Fach nicht von der billigen Sorte: man hörte kaum die Laufgeräusche, als sie es aufmachte. Die Pistole lag noch drin. Ganz leise schob sie die Trommel zur Seite. Ja, es waren Patronen drin. Demonstrativ laut klackte sie die Trommel wieder zurück, und ging geradewegs zur Umkleidekabine, um ihn den Lauf direkt an die Schläfe zu halten.
    
    „Steh auf, du verdammtes Stück Scheisse!“
    
    Der Kerl rührte sich nicht. Gefasst rauchte er einfach weiter. Dachte er etwa, das sei cool? Er war nicht cool. Er war schlicht und ergreifend fertig mit dieser Welt. Seine Augen, sein ganzer Habitus, sprachen es deutlich aus.
    
    „Du solltest zur Polizei gehen.“ Er sagte es ganz ruhig.
    
    Kalter Schweiss lief ihr runter. Hatte sie irgendwas übersehen? Was war sein Plan ? Würde er gleich ...
    ... explodieren? Waren die Patronen falsch? Warum blieb er so ruhig? Warum riet er ihr, zur Polizei zu gehen? Er dachte wohl wirklich, er sei cool, er hätte das alles hier im Griff? Innerlich erschrak sie, als sie bemerkte, dass die Magnum immer noch gesichert war. Langsam, aber hörbar schob sie die Sicherung nach hinten.
    
    „Ich sagte......steh...auf !!!“
    
    Sein Kopf fiel nach hinten, als sei er viel zu schwer. Ein verzweifeltes Lächeln in sein Gesicht. Oh ja, er wusste nur zu gut, das er hier gerade den grössten Fehler seines Lebens begangen hatte. Trotzdem rang er um Fassung. Und nichts schien ihn aus der Ruhe zu bringen.
    
    „Du kannst mich natürlich auch erschiessen. Das Recht hast du. Aber das kann auch schief gehen. Wenn du nicht den richtigen Anwalt hast, kann es passieren, dass man da auf kaltblütigen Mord plädiert und nicht auf Affekt. Man wird sagen: Hey, du hättest ja auch zur Polizei gehen können.“
    
    Die Muskeln in ihren Fingern kitzelten bereits. Keinerlei Macht über ihn zu haben hatte etwas unglaublich bedrohliches. Etwas, dass sie weich und gleichzeitig wütend machte. Ja, wahrscheinlich war das sein Plan. Sie sollte abdrücken. Sie musste es einfach! Sie wollte es, er wollte es. Nichts dazwischen. Nur das letzte kleine Rest an Logik in ihr flüsterte noch leise: Wozu willst du ihn umbringen? Denkst du, er würde dich dann ernst nehmen?
    
    „Du denkst wirklich, ich drück nicht ab, nicht wahr?“
    
    Er drehte den Kopf direkt zu Lauf. Lächelte. Keine Spur von Angst. Es war, ...
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