1. Unter ihrer Uniform


    Datum: 20.02.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byEmaSen

    ... Paneolus sie herbestellt hatte. Diesmal parkten sie die lange Karosserie mit aller Ruhe und peinlicher Sorgfalt, eine Pedanterie, die eher aus ihrer Fassungslosigkeit, dem Überschwall der Regung und der folgenden Resignation herrührte, als aus dem Bedürfnis, den Wagen tatsächlich exakt mittig in die Parklücke zu positionieren. Jedenfalls ging Wessels davon aus, dass es den anderen so ging, denn sie beschwerten sich nicht, als neben ihnen schon zum dritten Mal die fremden Seitenspiegel im Fenster vorübergingen. Überhaupt verursachten sie keinerlei Geräusch als das Scharren von Hosenbeinen aufeinander oder dem Rascheln einer Jacke beim Aussteigen.
    
    Wessels wollte ganz selbstverständlich Johanna zum Auto führen, die aber blieb plötzlich trippelnd stehen, in höflicher Distanz zum Dienstwagen entfernt, die Hände in den Hosentaschen vergraben und ihre Schultern hochgezogen, als ob sie fröre. Mit hochgezogenen Augen drehte er sich zu ihr um.
    
    »Hey, sorry.« begann sie von selbst, »ich komm schon so nach Hause.« Sie sah tatsächlich abgespannt aus; das und fragil.
    
    »Ist doch jetzt auch kein Umweg mehr.« wandte er ein.
    
    Doch Johanna schnaubte nur. Waren ihre Augen gerötet?
    
    Es war wohl wirklich alles ein wenig viel gewesen für die junge Beamtin. Schließlich war sie erst Anfang dieser Woche in Dienst getreten. Der Sex, Die Verfolgungsjagd, ihr plötzliches Versagen, und das alles nach einem langem Arbeitstag (nicht zu vergessen den grausigen Ursprung dieses Falls) -- sie musste ...
    ... mit dem Nerven am Ende sein.
    
    »Kommen Sie gut nach Hause, Frau Siewers.« brummte er versöhnlich und stieg in den Wagen. Nicht ohne den Stich in ihren Augen nicht zu sehen:
    
    Das
    
    war eine Dienstanweisung gewesen.
    
    Samstag. Stagnation. Frei -- Wessels pflegte seine Wochenendbegeisterung am Spannungsgrad seiner Arbeit anzuschneidern. Als Kommissar konnte man wochenlang Akten abfertigen, aber eben auch wochenlang einen Serienmörder verfolgen (und manchmal alles gleichzeitig). Er hatte die Erfahrung gemacht, dass er sich im zweiten Fall sowieso nicht entspannte, ob es ihn nun an einem bloßen Regensonntag traf oder an Weihnachten.
    
    Wessels führte keine Freundschaften außerhalb der Arbeit, was Jörg war, und Familie hatte er auch nicht. Eine Schwester, die jetzt in Marokko lebte. Weil er selten zu Hause weilte, war seine Wohnung spartanisch eingerichtet, dafür aber blanksauber.
    
    Also rief er Jörg an: Vielleicht konnte er sich wenigstens den Abend vertreiben, mit Kegeln oder so, die wenigen Sonnenstunden würde er schon überschlufft bekommen.
    
    »
    
    Gn'Tach das ist Jörg, dies ist ein Anrufbeantworter...«
    
    Verdammt. Das wars. Normalerweise hatte Jörg immer Zeit. Mit Ernüchterung erkannte Wessels, dass seine Kontaktliste erschöpft war -- nach
    
    einem
    
    Anruf.
    
    Es sei denn...
    
    Er könnte Johanna anrufen! Natürlich, die musste sich ausspannen, andererseits ging es ja auch schon gegen Zehn. Obwohl er sich diesen Gedanken mehr und mehr schönrechnete, dauerte es fast noch ...
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