1. Unter ihrer Uniform


    Datum: 20.02.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byEmaSen

    ... seine Kollegin war, berührte ihn sanft an der Schulter, um ihn zum Fortbewegen zu animieren. In ihrem Blick lag ein -- Wessels wusste es nicht anders zu nennen -- betrauerndes Verständnis; in ihrer Berührung die Sanftheit der Mutter, die ihren Sohn von seiner nackten Cousine wegführen will.
    
    Er ließ sich von ihr auf seinen Stuhl delegieren und fing sich einen sinnlichen Blick von Nelli ein, deren langsame Augenaufschläge ihre Katzenaugen zu prickelnden Schlitzen verengten. Johanna dagegen ließ sich fast hastig in den Sitz ihn gegenüber, strich sich einmal über ihr Brustbein, als müsse sie den fallenden Stoff glätten und starrte eigentlich die meiste Zeit über in die Polarweiße ihres Tellers. Wessels hatte das Gefühl, dass zwischen diesen Frauen ein Austausch stattfand, der keine Worte benötigte und aus dem er geradezu gezielt ausgeschlossen wurde. Jedenfalls stand Nelli dann mit strenger Miene und abfälligem Brummen auf und besorgte das Essen aus dem Ofen: Hähnchenkeulen marokkanischer Art, in Aprikosen, Safran und Zimt; dazu klassischer Basmatireis.
    
    Die Frauen aßen schweigend -- Hin und wieder brachte Nelli irgendwelche Bagatellen ins Gespräch, etwas hilflos, weil Johanna ihr nie beisprang. Er endete dann in wirrem Kichern Nellis und dass sie sich hastig eine weitere Gabel Reis in den Mund schob. Wessels musste seinen Blick an das Huhn auf seinem Teller fesseln, dass er nicht allzu oft hinüberwanderte: denn Nelli beugte sich jedes Mal so
    
    unbedacht
    
    vor, wenn sie ...
    ... die Gabel zum Mund führte. Und Johanna bot, trotz, oder gerade wegen ihrer Schönheit, einen zu mitleidigen Anblick, wie sie sich solcherart abkapselte. Hatte sie sich vielleicht mit ihrer Mitbewohnerin zerstritten? Oder hatte er selbst sie mit irgendetwas enttäuscht? Vielleicht, weil er sich nicht ebenso aufgebrezelt hatte wie seine beiden Gastgeberinnen. Er musste der vorerst noch so befremdelten Nelli im Stillen zugestehen, dass ihr das freundliches Gesicht um einiges besser stand.
    
    Die Teller waren bald geleert und die Weingläser neu befüllt. Johanna nuschelte irgendetwas Unverständliches in ihren nicht vorhandenen Bart, das mit »Toilette« endete, und stand auf und verdrückte sich in das Nebenzimmer, hinter eine massive viktorianische Holztür.
    
    Nelli rückte darauf ihren Stuhl ein wenig hin und her, sodass sie ihre Position nicht veränderte, aber doch Johannas Verschwinden damit kommentierte. Auch wenn sie nicht tatsächlich nähergerückt war, fühlte Wessels seine Fluchtdistanz schon unterschritten. Als fürchte er, ihre Brüste könnten ihm jederzeit ins Gesicht ploppen.
    
    »Und, Til?« säuselte sie, wobei sie ihr Gesicht neben ihr Weinglas hinabsenkte. »Ich darf doch
    
    Til
    
    sagen, nicht wahr?«
    
    Wessels nickte hastig und nippte von seinem Wein.
    
    Nelli setzte eine erwartungsvolle Miene auf.
    
    »Sie haben...« begann Wessels. Er kramte fahrig nach irgendeinem Kompliment, das nicht zudringlich war. Nelli Ausschnitt kreiselte ihm in Kopf herum. »Ihr -- ihr habt Euch beide ...
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