1. Unter ihrer Uniform


    Datum: 20.02.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byEmaSen

    ... Selbst Frau Back im Flur schien heute irgendwie ernster, die rundliche Frau mit den Pausbacken ebenso entfärbt wie der Rest der Welt.
    
    »Sie sind im Westflügel.« meinte sie nur und wies nach links, dorthin, wo die Verhörräume und sogar ein paar Gefängniszellen lagen. Der Teil, der für Delinquenten, Verdächtige und Zeugen der einzige Teil des Präsidiums schien, aber tatsächlich der Gebäudeabschnitt war, in dem Wessels sich am ungernsten und damit auch am seltensten aufhielt.
    
    »In der Befragung, Raum Vier!« rief sie ihm noch hinterher, als er sich schon abgewendet hatte. Auch wenn er diese Information kühl schmunzelnd abtat, weil
    
    Raum Vier
    
    ihr einziges Verhörzimmer war (in den anderen lagerte Gerümpel), war es doch hilfreich zu wissen, dass Paneolus offenbar schon angefangen hatte, jedenfalls die beiden Straftäterinnen schon aus der Zelle hatte holen lassen.
    
    Fünf nach Neun. Zeit für das Auftreten des Kommissars. Er grinste in sich hinein, bei der Vorstellung, mit wehenden Rockschößen das Verhör zu bestürmen, eine jugendliche Praktikantin im Vorbeigehen zur Schnecke zu machen und dann seine Akten auf den Tisch zu werfen. Stattdessen öffnete er die Tür möglichst geräuschlos und schlich sich in die kleine Kammer hinein. Akten hatte er auch nicht dabei.
    
    Zu seiner Überraschung saßen sich dort nur Paneolus und Johanna schweigend gegenüber und schauten groß zu ihm auf. Ihm entging nicht Paneolus instinktiver Blick auf die Armbanduhr -- sein Verspäten kommentierte sie ...
    ... allerdings mit keiner Miene. Auch begann sie erst zu sprechen, als er Platz genommen hatte, diesmal aber doch mit irritiertem Blick, da er sich ganz unbewusst neben Johanna gesetzt hatte, als wäre er ihr Verteidiger.
    
    »Ich habe sie für neun Uhr nur für das Verhör von Frau Siewers bestellt; Ich dachte mir schon, dass die Aussagen ihrer Schwester Ihnen nicht weiter von Interesse seien.«
    
    Obwohl ihn das überrumpelte musste er zugeben, dass sie damit tatsächlich in seinem Interesse gehandelt hatte. Es war längst nicht mehr
    
    sein
    
    Fall. Und das war auch gut so. In einer plötzlichen Regung aus Zuneigung fasste er Johannas Hand neben sich auf dem Tisch. Ihre Augen blitzten erschreckt auf, aber wandelten sich gleich in den weichen Ausdruck von Dankbarkeit. Er fühlte sich befreit.
    
    »Ich selbst erhebe keinerlei Anklagen gegenüber Frau Siewers und möchte mich nach Kräften dafür aussprechen, auch ihre sonstigen Verfehlungen ins rechte Licht der ausweglosen Umstände zu setzen.« stellte er fest.
    
    Paneolus berechnend warmer Blick verriet ihm, dass sie so etwas schon von ihm erwartet hatte. Nur dass er sie wohl etwas überstürzt damit überraschte.
    
    »Ich habe tatsächlich schon einige Telefonate geführt und bin zuversichtlich, dass wir die Angelegenheit, selbstverständlich gemessen an Ihrer Aussage, Frau Siewers, zu
    
    aller
    
    Beteiligten Zufriedenheit lösen können.«
    
    Wessels fiel auf, dass Sie Johanna noch immer sehr kühl adressierte, aber was erwartete er schon? Sie hatte als ...
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