1. Unter ihrer Uniform


    Datum: 20.02.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byEmaSen

    ... offensichtlich nicht die Empfangsdame war.
    
    »Wo ist...«
    
    »Warum folgen Sie einfach ihrem Kumpanen.« Ihr Kinn wies zur Tür.
    
    »Meinem äh...« tatsächlich trat soeben der Typ von der Spurensicherung hinein und begab sich nach einem knappen Nicken unvermittelt eine im Schatten versteckte Treppe hinauf.
    
    »Danke.« raunte Johanna, als Wessels schon etwas gekränkt zur Treppe trat. Warum achtete ihn denn hier keiner? Im Fernsehen kam dem Kommissar immer schon von weitem ein devoter Spürhund entgegen, der ihn mit knapper Professionalität ins Geschehen einwies, sodass der Neuankömmling mit traumwandlerischer Sicherheit die Coolness seines Auftritts zu inszenieren vermochte.
    
    Er dagegen trat nun zögerlich in ein gestandenes Gewusel aus weißen Gestalten mit Kameras und Notizblöcken, herrenlosen Scheinwerfern und heruntergerissenem Absperrband, das wohl irgendein Azubi in einer übermütigen Minute durch den einzigen Zugang gespannt hatte. Das Abschreckendste war jedoch -- wie eigentlich zu erwarten -- die Leiche. Wessels hätte nicht gedacht, dass ihn der Anblick eines toten Körpers nach zehn Jahren Berufserfahrung noch einmal so erschrecken sollte, und es lag nicht allein an den jüngsten Monaten, die sehr ruhig gewesen waren. Das Geschehen, welches sich dort als Resultat in seinen aufgerissenen Augen spiegelte war im besten Falle abartig bestialisch. Der Tote war ein Mann (gewesen). Der Mörder (oder in diesem Falle nicht doch eher Mörderin?) hatte ihn nackt auf eine Art hölzernes, ...
    ... aufrechtes Gestell geschnallt, welches hinter ihm grob die Form eines schwarz lackierten »X« bildete. Er trug einen schwarzen Ball im Mund, der als Knebel um seinen Kopf fixiert war, und ein ledernes Halsband. Zusammen mit einigen sadistischen Utensilien auf dem Boden ließ sich die Szenerie einem sado-masochistischen Sexspiel zuordnen. Allerdings hatte dieser Mann ganz offensichtlich mehr gelitten als in seiner Auffassung des Spiels, in der er sich hatte fesseln lassen: in seinem Schritt, wo eigentlich sein Glied und seine Hoden herabhängen sollten, klaffte stattdessen eine weite, blutige Wunde. Auch seine Beine waren überströmt damit -- abgesehen davon war jedoch ein metallener Bottich grausam genau so unter ihm platziert, die Ströme von Blut aufzufangen, die dieser Mann vergossen hatte -- der Bottich stand randvoll, er war zu klein. Das Opfer war ganz offensichtlich in Agonie verblutet, sein Gesicht stand totenbleich und schien eine ganz eigene Art von Zwielicht zu verströmen. Es zeigte unsagbare Qual, erstarrt in einer letzten gnädigen Erlösung des Todes. Angeekelt wendete Wessels sich ab, die schwulstige Wunde sah selbst von hier noch immer feucht aus; was kümmerte ihn schon seine Achtung unter den Mitarbeitern; Das hier war einfach nur abstoßend. Wie konnten sie nur mit der Kamera...? Sein Blick landete gewendet direkt in Johannas Gesicht, das der Blässe der malträtierten Leiche dort erschreckend ähnelte, selbst ihr Gesichtsausdruck stand dem des Toten um wenig nach. Sie ...
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