Anita und wir Episode 08
Datum: 14.03.2020,
Kategorien:
Betagt,
Autor: byPhiroEpsilon
... auch ein Grund für ihn gewesen war, auf die Walz zu gehen, statt eine Gesellenausbildung der modernen Art zu machen.
Es hörte sich an, als wäre er trotz allem sehr stolz auf Max, der inzwischen studierte. Mehr als auf seine Eltern, die sich immer wieder gestritten hatten, weil sein Vater so viel arbeitete und seine Mutter als Sportlehrerin nur gelegentlich Geld verdienen konnte, und so weiter und so fort.
Ilona war schon immer gut darin gewesen, sich die Probleme anderer anzuhören. Mehr noch, seit sie Großmutter von nunmehr vier Enkeln war.
Nur für meine Probleme interessierte sie sich schon lange nicht mehr. Warum wir uns nicht hatten scheiden lassen? Was hätten wir dann machen sollen? Jeder zu einem anderen unserer Kinder ziehen? Da blieben wir lieber beisammen, schliefen in getrennten Zimmern, weil ich angeblich schnarchte und sie nachts anfing unverständliche Geschichten zu erzählen.
Ich brachte das Geld nach Hause, sie kümmerte sich um den Haushalt, und manchmal konnten wir uns sogar auf ein gemeinsames Fernsehprogramm einigen.
Ich verbrachte einen oder zwei Abende in der Woche mit Hannes in unserer Stammkneipe und diskutierte Gott und die Welt. Sie hatte ihre Kirchengemeinde und Frauenkreise. Wir kamen uns nicht ins Gehege.
Ein fast optimales Leben, oder?
Auf jeden Fall schreckte ich aus meinen Träumereien gerade früh genug hoch, um mitzubekommen, wie sie ihn dazu einlud, doch regelmäßig zum Abendessen zu kommen, statt immer nur aus Dosen zu ...
... leben und sich Essen in der Mikrowelle heiß zu machen.
"Nein", sagte ich. "Da habe ich nichts dagegen." Das konnte ich aus vollstem Herzen sagen. Den Jungen ein bisschen besser im Blick zu haben, konnte nichts schaden.
3
Ein Jahr später kam der nächste Einschnitt. Frank hatte die Meisterschule mit Bravour abgeschlossen. Er war außerdem schlau genug, inzwischen den Braten gerochen zu haben, den Hannes ihm in den Ofen geschoben hatte.
Meinem alten Freund ging es von Monat zu Monat schlechter, und die Ärzte gaben ihm nur noch drei, höchstens sechs, bis er uns würde verlassen müssen.
Frank arbeitete schon seit einem halben Jahr, seitdem die beiden älteren Gesellen gegangen waren, nicht nur selbständig, sondern kümmerte sich auch um die Azubis.
Ich war mit den neuen Gesellen unterwegs zu den Kunden, derweil schmiss Frank die Werkstatt. Und sein Blick auf Hannes, wann immer der sich mal blicken ließ, war ein genaues Spiegelbild des besorgten Gesichts, das ich immer machte.
"Hannes will mich zu seinem Nachfolger machen", stellte er eines Abends fest, als wir nach dem Essen auf dem Balkon standen, ich mit meiner Zigarette, er mit einer Flasche Bier.
"Ich weiß", sagte ich.
"Aber
du
bist doch sein Freund."
"Ich weiß."
Er grinste mich an. "Du willst dir die Verantwortung nicht aufladen. Du bist zufrieden damit, Meister zu sein."
"Ich weiß", grinste ich zurück.
"Aber das hat ein Ende, sobald die Schreinerei dir gehört."
"Sie wird mir nicht ...