1. Anita und wir Episode 08


    Datum: 14.03.2020, Kategorien: Betagt, Autor: byPhiroEpsilon

    ... gehören."
    
    "Hannes hat doch keine Verwandten mehr, seit Johannes Junior vor sechs Jahren umgekommen ist."
    
    "Ich weiß."
    
    Er schwieg. Lange. "Ich bin doch noch so jung. Traust du mir das zu?"
    
    Ich schlug ihm auf die Schulter. "Wenn nicht dir, wem dann? Irgendeinem Typ, den wir einstellen, und der nichts hat außer hochfliegenden Ideen? Oder willst du, dass die Schreinerei verkauft wird?"
    
    "Nein. Aber das heißt, dass ich hierbleiben muss."
    
    "Ich weiß."
    
    "Dass Ilona mich noch länger verköstigen muss."
    
    "Du wirst schon irgendwann eine Frau finden. Jetzt bist du Meister. Wenn Hannes dann von uns gegangen ist, bist du ein Meister, dem eine gutgehende Schreinerei gehört. Da fliegen die Frauen drauf."
    
    * * *
    
    Nun, damit hatte ich mich getäuscht. Die Zeiten hatten sich geändert, seit ich vor dreißig Jahre meinen Meister gemacht hatte.
    
    Heutzutage wollten die jungen Dinger keine schwer arbeitenden Handwerker mehr als Ehemänner, sondern geschniegelte Bürofuzzis mit großen Autos.
    
    Nicht, dass Frank sich kein großes Auto hätte leisten können.
    
    "Die Pritsche ist doch toll", sagte er. "Die macht das sicher noch zehn Jahre."
    
    Die "Pritsche" war ein VW-Pritschenwagen aus dem Jahr 1980. Wir hatten ihn kurz nach der Wende gekauft mit dem neuen zweiten Motor. Der Tacho hatte inzwischen wahrscheinlich die Hunderttausend schon zum achten oder neunten Mal passiert.
    
    Das Auto hatte jetzt den dritten Motor drin, aber das Chassis noch keinen Rostfleck. Von außen sah das ...
    ... Ding allerdings zum Weinen aus.
    
    "Wenn mich eine Frau trotz der Pritsche nimmt", fuhr er grinsend fort, "dann nimmt die mich auch trotz der Schreinerei."
    
    Aber die Richtige kam nicht. Vorerst, zumindest.
    
    Es war im Spätjahr 2018, als er mit einem Vorschlag ankam.
    
    "Ich möchte etwas Neues probieren."
    
    "Eine Datingshow im Fernsehen?"
    
    Er lachte auf, fast schon hysterisch. "Nein, nein. Mit der Schreinerei. Wir dümpeln die ganzen Jahre irgendwie nur herum ohne einen festen Kurs zu haben. Die Restaurierungen halten uns über Wasser, aber ich kann nicht mehr Gesellen annehmen, weil wir nicht genug zu tun haben."
    
    Ich nickte langsam. "Und was schwebt dir vor?"
    
    "Da gibt es doch das Sanierungsprojekt in der Altstadt."
    
    "Die vierzehn Heiligen? Das wird doch nichts mehr. Die Stadt redet schon seit Jahren davon und es geht nicht voran."
    
    Es war eine ganze Reihe von uralten Häusern, die das Stadtbild verschandelten. Kurz nach der Wende waren die Fassaden neu gestrichen worden, doch das war nun auch wieder dreißig Jahre her und hatte nichts am inneren Zustand geändert. Die meisten waren inzwischen unbewohnbar. Sie standen — natürlich — alle unter Denkmalsschutz, also kamen die Investoren, warfen einen Blick darauf und verschwanden schneller als man 'Renovierung' sagen konnte. Abreißen und Geschäftshäuser hochziehen, das würden sie tun. Aber Wohnhäuser in der Innenstadt, bei denen man noch nicht einmal größere Fenster einbauen durfte?
    
    "Erinnerst du dich an Doktor ...
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