1. Splitternackt (2)


    Datum: 17.03.2020, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym

    Episode 2
    
    , wie ich eingeritten wurde
    
    Eine total unerotische Angelegenheit
    
    Es war der Johannes, und ich war ein recht störrischer Gaul, bevor ich zum Pegasus wurde. Aber eigentlich hatte alles ja mit der Claudia angefangen, der Freundin vom Johannes, und das kam so:
    
    Im Juli 1988, Bei meiner fünften Aktsitzung an der Münchener Kunstakademie, wo ich damals, mit gerade einmal 18, angefangen hatte, als Aktmodell zu arbeiten, da sollte ich mich mit einer anderen Frau, eben der Claudia, zusammen in einer Pose einrichten, wo die Claudia in offener Sitzstellung zu ebener Erde mit angewinkelten Beinen auf ihrem dicken nackten Hintern saß und mich als ihre ermordete Tochter in ihrem Schoß und auf ihren Armen hielt. Der, der mich ermordet oder geopfert hatte, damit die ollen Griechen guten Wind nach Troja kriegen sollten, hieß Agamemnon. Der war aber gerade nicht da. Den kannte ich gar nicht. Ich war ja auch nicht richtig ermordet, sondern nur geschminkt mit einer langen Blutspur von einem Hackebeil am Hals und die Claudia hatte mich in ihren Armen, wo ich mit hintenüber fallendem Kopf, zur Seite fallenden Armen und gespreizten Beinen wie ein auf der Landstraße breit gelatschter nackter Frosch auf dem Rücken lag. Tot. Aber die Claudia hatte dadurch die ganze Zeit meine offene Musch vor ihrer Nase und vor ihren Augen. Und auf einmal sagte sie halblaut zu mir: „Jo mei, Mädel! Seh’ i dös aa recht, nacha bist du aa noch a Jungfrau?“
    
    Na gut, das mit dem Bayrisch lasse ich mal ...
    ... lieber, da habe schon zuviel davon vergessen, und schreiben kann man das ja schon gleich überhaupt nicht. Es entstand gleich Unruhe und Herumlauferei im Saal, weil ja viele von den jungen Männern noch nie eine richtige Jungfrau an der Stelle gesehen hatten, auf die es dabei ankommt, und dieses jetzt unbedingt nachholen mussten. Aber seltsam feierlich war es schon: Da lag ich als nackte Leich auf dem Rücken. Die Claudia zog mir die Lippen weit auseinander und die Leute zogen vorbei, wie die Trauergemeinde bei der letzten Aufgebahrung. Zwei Frauen waren auch dabei. Die hatten vielleicht den Moment verpasst, sich das einmal bei sich selber anzusehen, bevor es bei ihnen dann auch schon zu spät war. Ja, die Bildung haben die Münchener schon immer groß geschrieben. Da sind sie ganz da Vinci.
    
    Wir brachten noch in drei Runden zu je einer halben Stunde die Pose zu Ende und die Claudia nahm mich anschließend kurz beiseite.
    
    „Sag amal, Mädel, willst du diese Sache mit dem nackert Modell stehen wirklich richtig und lange machen, oder suchst du dir hier nur ein Mannsbild zum Heiraten, mit dem du dann eine Familie gründen und Kinder in die Welt setzen kannst? Hast du denn überhaupt schon amal gschnaggselt? Ah, Deibel, damische Frage, natürlich nicht, wie deppert bin i denn, entschuldige. Also, wenn ich dir amal was raten darf: lass dir da, um der Heiligen Maria Willen, bloß nacha nich so einen grünen Bubn herankommen, der dir alles drin und dran versauen könnt. Dann kannst du das hier ...
«1234...14»