1. Splitternackt (2)


    Datum: 17.03.2020, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym

    ... nämlich vergessen. Es sagt zwar keiner wirklich was und warum, aber sie buchen dich dann einfach nie wieder, wenn du da unten so zerklüftet und zerfetzt ausschaust, weißt du? Die Herren Künstler wollen hier Damen, Engel und Göttinnen malen, und selbige haben halt nun mal da unten keine heraushängerdn und wuchernden grauslichen Hautfetzen. Wir haben da glatt und rein zu sein, sonst stört’s die Inspiration, oder wie das heißt. Weißt was? Besuch mich doch mal am besten gleich heute Abend. Da kann ich dir dein Jungfernfähnderl gut und sauber wegmachen und du wirst auch gleich meinen Johannes kennen lernen. Der könnt dir dann bald schon gerne auch richtig zeigen, was man als Frau von denen Mannsbildern so wissen sollt. Was meinst?“
    
    Was sollte ich schon meinen? Es war die Zeit, wo ich am neugierigsten auf das Leben war. Ich hatte zwar schon ab 16 mit den Jungens so bei dem Doktor spielen herumgemacht und sie auch anfassen lassen, wo sie das bei mir wollten, aber ich hatte dabei nie irgendetwas Berauschendes empfunden. Eher war es mir meistens ziemlich lästig. Zugleich war ich natürlich auch so ängstlich und verunsichert, wie später nie wieder.
    
    Ich ließ mir ihre Adresse geben. Sie wohnte in Straubing, in einer Mansardenwohnung unter dem Dach eines kleinen Lebensmittelmarktes. Zweimal hatte ich mir schon überlegt, ob ich nicht doch lieber wieder umkehren sollte, aber dann stand ich auch schon vor dem Klingelschild mit ihrem Namen, und so ein Klingelknopf, den man gerade ...
    ... noch gesucht hatte, der zwingt einen ja geradezu zum Draufdrücken. ‚Nimm deinen Lauf, Schicksal’.
    
    Es war Hochsommer und in ihrer Wohnung unter dem Dach herrschte eine brütende Hitze. Klimaanlagen kannte man damals noch nicht und wenn, dann hätte sie die sich auch gar nicht leisten können. Claudia benutzte also die personengebundene Klimaanlage: ihre Haut. Sie war eben ganz schlicht und einfach nackt. „Grüß Gott, Demmi, schön dass’d kommen bist. Mach di nackert, sonst schmilzt du mir hier gleich noch zum Stecken weg, wie ein Eis am Stiel. Viel zum Wegschmelzen ist ja eh schon nicht an dir dran.“
    
    Das ist wohl wahr. Die Künstler an der Akademie haben mich auch immer am liebsten gehabt, wenn sie mal ein Modell für „das Opfer“ gebraucht haben. Die Claudia war da schon eher ein Weibsbild mit Qualitäten, wenn man ihre großen runden kuscheligen Mutterbrüste und ihren kräftigen vollen Hintern dafür gelten lassen wollte. Ich machte mich also gleich ohne viele Umstände nackig und fühlte mich auch viel wohler, wenn da nicht die Angst vor dem wirklich endgültigen Einziehen meines „Jungfrauenfähnderls“ gewesen wäre. Auf Englisch: „dipping the colors“. Mir zitterten die Knie und ich hatte ein Gefühl im Bauch, wie das Lämmchen vor dem Schlachthaus. Die Claudia kam dann auch gleich zur Sache und fragte mich noch einmal: „Überleg’s dir gut, Mädel: Wenn du mit nur einem einzigen Mannsbild glücklich werden willst, dann lassen wir das lieber, dann ist es ja seine Sache, dir das Siegel ...
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