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Karibik (5)
Datum: 30.05.2020, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym
... versteht.“ Dann machte aber der Hannes einen Fehler (oder war es gar keiner?): „Wir könnten ja darüber abstimmen, ob es erlaubt ist, hier an Bord und beim Schwimmen nackt zu sein, was meint ihr dazu?“ Oh Je! Konnte der Hannes sich das nicht an seinen zehn Fingern abzählen? Wir waren sechs Leute an Bord, und mindestens vier davon werden wahrscheinlich strikt dagegen sein, das war doch abzusehen. Mike nahm natürlich diesen Vorschlag gleich hämisch grinsend auf und rief alle am Niedergang zusammen. Er schilderte die Sachlage und seine Meinung dazu. Dann kam, was kommen musste: Mike, Björn und Heike waren strikt dagegen. Hannes und ich waren dafür. Dann kam aber die große Überraschung. Der schüchterne Hagen fragte noch einmal genauer nach. „Worüber stimmen wir eigentlich ab, wie ist das jetzt gemeint? Soll es an Bord nur erlaubt sein, nackt herumzulaufen, oder soll es Pflicht sein, wenn man mit „Ja“ stimmt?“ Wir sahen uns alle erst einmal verdattert an. „Natürlich muss keiner“, sagte ich dann, „nur wer es gerne selbst so hätte, der soll es dürfen.“ Und dann kam es von Hagen knüppeldicke: „Ich bin dafür, dass jedes Lebewesen, egal, ob Tier oder Mensch, frei leben kann. Das ist meine Überzeugung als Naturschützer. Warum sollten wir denn dafür kämpfen, dass die Vögel frei leben können, wenn wir gleichzeitig die Menschen in Kleidung und Käfige einsperren wollen? Ich stimme also mit „ja“, und außerdem finde ich, dass die Demmi sehr schön aussieht, auch dann, wenn sie ...
... nichts an hat. Ich traue mich das zwar selber nicht, gleich so nackt hier zwischen allen zu sein, weil ich das eben nicht gewöhnt bin, aber warum sollte sie sich denn hier wegen uns nicht wohl fühlen dürfen? Ich bin für die Freiheit.“ „Haagen!“ schrie Heike. Aber es war heraus: Es stand drei zu drei, remis! Björn winkte resigniert ab, Mike schüttelte den Kopf und Heike war sprachlos und starrte ihren Hagen mit hochrotem Kopf ungläubig an. „Ist das jetzt wirklich dein Ernst, Hagen?“ „Aber klar, mein voller Ornithologen-Ernst, Heike. Hast du mal gesehen, wie sich ein Vogel zu Tode quält, der sich in einem Netzt verfangen hat? Geht dir denn so etwas nicht nahe? Ich will Vögel nicht leiden sehen und Menschen schon gar nicht.“ Hannes klopfte ihm anerkennend auf die Schulter und sagte: „Bravo, Hagen, ich habe es doch immer schon gewusst: aus dir wird noch mal ein richtiger Alexander von Humboldt, ein Forscher und Humanist. Die anderen sollten sich gefälligst schämen, aber nicht die Demmi. Ich ja sowieso nicht. Ich bin schon Naturist, solange ich denken kann.“ Ich hätte sie jetzt alle beide abknutschen können, den Hannes und den Hagen. Aber das wollte ich lieber dem Mike und der Heike nicht antun. Trotzdem war die Sache immer noch nicht entschieden. Was sollte nun gelten? Da fiel mir der New-Providence-Wäscheleinen-Trick wieder ein. Na klar! Das müsste doch gehen, oder? Während sich die anderen immer noch herumstritten, nahm ich mir die lange Leine, die noch ...