1. Karibik (5)


    Datum: 30.05.2020, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym

    ... seinen guten Grund, das konnte ich mir schon denken. Mike hatte nämlich inzwischen mit der rasselnden Motorwinde den Anker hochgezogen und die „Swallow“ legte sich auf die Seite, weil Mike und Björn sie an den Wind brachten.
    
    Ich drohte dabei fast von der Kiste zu fallen, als das Boot sich zur Seite neigte, und musste deshalb meine Beine an den Hintern ziehen, die Schenkel weit öffnen und die Füße seitlich abstützen, um oben zu bleiben. Logischerweise musste ich dabei auch noch mein Becken anheben. Das war dann wohl doch zu viel für den guten ollen Hannes gewesen. Schön für ihn, wenn ihn das noch aufregt. Das kann schon mal passieren, dass ein Adler bei Wind seine Flügel öffnen muss, um sich oben zu halten. Tja, dafür kann ich dann aber nix.
    
    Es ging weiter in Richtung Vögelinsel Mayaguana, was zwar für mich zuerst ziemlich romantisch klang, aber wörtlich übersetzt nichts anderes bedeutet, als: „Überwiegend voller Vogelscheiße“.
    
    Auf einmal hörte man Mikes Stimme von achtern her über das Boot schallen: „Demmi! Kannst du mal bitte kommen?“
    
    ‚Nanu?’ denke ich, ‚hat der jetzt doch Sehnsucht nach mir?’
    
    Also ging ich eben mal nach hinten, ans Steuer, wo Mike jetzt ganz alleine stand. Den Textilzwang auf dem hinteren Deck ignorierte ich einfach. Ich komme ja auf Befehl des Käp’tens. Mike grinste mich distanziert an und sagte:
    
    „Findest du nicht auch, dass es langsam Zeit zum Frühstücken wäre, Demmi? Aber wenigstens dazu solltest du dir was anziehen, ja?“
    
    „Ach, ...
    ... du meine Güte! Das habe ich doch über dem ganzen Streit völlig vergessen! Natürlich, da muss ich mir jetzt tatsächlich doch was anziehen, das sehe ja sogar ich ein.“
    
    Noch nie hatte ich mich als richtige Köchin betätigt. Und schon gar nicht für andere Leute. Ach du lieber Schreck, was mache ich jetzt bloß?“ Also warf ich mir erst einmal mein Tuch wieder über und ging runter in die Kombüse. Was hätten wir denn da? Toast, Wurst, Käse, Marmelade und Eier. Das sollte es eigentlich tun. Die Toastscheiben aus der verschweißten Packung schmierte ich mit Butter ein und wärmte sie dann direkt mit der Zange über der Gasflamme auf. Sie wurden ziemlich schwarz und es roch verbrannt. Die Eier legte ich in kaltes Wasser und stellte dann die Flamme an. Wie lange die da drin bleiben mussten, davon hatte ich keine blasse Ahnung. Von außen konnte man ja nichts erkennen. Also wartete ich einfach, bis das Wasser zu sprudeln begann, und nahm sie dann heraus. Dann servierte ich das Ganze auf dem in der Kapitänskajüte fest angeschraubten großen Tisch. Ich rief zum Essen und sie kamen herein und setzten sich auf die Holzbänke, die um den Tisch herum eingebaut waren. Hunger hatten sie ja alle, aber Appetit hatten sie dann doch nicht mehr lange. Die Toastscheiben schmeckten ganz scheußlich nach angebrannter Butter auf Kohle und die Eier glibberten nach dem Aufschlagen halbflüssig aus der Schale. Nur der Käse, die Wurst und die Marmelade rettete noch das Frühstück, nachdem Hannes schnell ein paar ...
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