1. Genugtuung


    Datum: 10.03.2018, Kategorien: Nicht festgelegt, Autor: byTabula2Rasa

    ... wirklich nicht leicht für mich. Ich bin zuvor noch nie zur See gefahren und hatte daher die ersten beiden Wochen mit der Übelkeit zu kämpfen. Das brachte mir auch wenig Sympathiepunkte bei den anderen Matrosen ein. Meine Körperfülle machte mir schwer zu schaffen. Die Arbeit war hart und körperlich sehr anstrengend, sodass ich anfangs schnell aus der Puste war. Hinzu kamen die sprachlichen Schwierigkeiten, denn mehr als ein paar Fetzen spanisch verstand ich nicht. Nicht selten fühlte ich mich angesprochen, wenn die anderen Matrosen am Lachen waren. Es war eine unangenehme Situation für mich und ich wollte nur noch runter von diesem Schiff. Aber einen Ausweg gab es nicht. Wir waren non-stop unterwegs nach Buenos Aires und wenn ich nicht gerade schwimmen und als Haifutter enden wollte, so blieb mir nichts anderes übrig als durchzuhalten.
    
    Die Situation änderte sich aber mit der Zeit. Karl unterstützte mich und ich lernte ziemlich flott die spanische Sprache. Ich habe nie einen Rückzieher gemacht, egal wie hart die Arbeit auch war und welchen Seegang wir hatten; ich unterstützte meine Kollegen, wo es nur ging. Das brachte mir mit der Zeit die Anerkennung der anderen Matrosen ein, mit denen ich mich bald auch gut verstand. Die harte Arbeit hatte zur Folge, dass ich immer fitter wurde und sogar Spaß an der körperlichen Ertüchtigung hatte. Und nach über drei Monaten, als wir schließlich in Buenos Aires einliefen, fühlte ich mich richtig wohl auf dem Schiff. Mit meinen Kameraden ...
    ... verstand ich mich blendend. Ich gehörte einfach dazu. Ich wurde akzeptiert. Ich war Teil des Ganzen! Es war ein Zustand, den ich während meiner Schulzeit nie kennengelernt habe. Hier fühlte ich mich zu Hause!
    
    In Buenos Aires wurde ich zum Kapitän zitiert. Dieser teilte mir mit, dass er äußerst zufrieden mit mir und meiner Arbeit gewesen ist, obwohl er sich nicht vorstellen haben könne, dass ich mich so gut auf dem Schiff schlagen werde. Ich war natürlich sehr stolz über dieses Lob. Nur zu gern akzeptierte ich sein Angebot, in Zukunft zu seiner Mannschaft gehören zu wollen. Ich war glücklich, wirklich glücklich, denn nun fühlte ich mich vollkommen zugehörig. Hier hatte ich Kameraden, wirkliche Freunde.
    
    Nun fahre ich schon 5 Jahre zur See und kann mir nichts besseres Vorstellen. Diese Zeit hat die besten Erinnerungen bei mir hinterlassen. Seien es nun die vielen eindrucksvollen Impressionen der verschiedenen Länder, in denen wir anlegten, die durchzechten Nächte mit den Kameraden, in denen wir bei starkem Seegang und ordentlich Rum Karten gespielt haben, die ungeheuerlichen und gefährlichen Strapazen, wenn es wieder einmal bei starkem Sturm etwas auf dem Deck zu tun gab, oder wenn sich mal wieder einer von uns bei Landgang zu sehr gehen hat lassen und der Abend für alle Kameraden in einer Kneipenprügelei geendet hat. Diese Erfahrungen haben uns alle zusammengeschweißt und ich erinnere mich gern daran.
    
    Die Arbeit auf dem Schiff hat mich einfach geprägt wie nichts anderes. ...
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