1. Dr. Jekyll und Heidi Teil 02


    Datum: 21.08.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byRomeoReloaded

    ... nur vorgespielt, ihre leidenschaftlichen Zuckungen seien nur Theater, dann saß sie auf einem Pulverfass. Irgendwann würden die Ausreden nicht mehr funktionieren, und wenn ihr Gewissen dann die lange Liste der Vergehen gegen Zucht und Anstand vorlegte, mochte es wirklich finster aussehen.
    
    Aber warum fand sie das Dunkel attraktiv? Was faszinierte sie an diesem Sog, der sie tiefer und tiefer in die Höhle zog? War es in Wirklichkeit anders herum, war es nicht ihr schlechtes Gewissen, sondern Geilheit, die das Bild aus dem Unbewussten hatte auftauchen lassen? Suchte sie die Flucht nach vorn, wollte sie ihrer Lust eine neue Tür öffnen, bevor die alte sich schloss? Die Tür zu einer anderen Erotik, die sich tief in der finsteren Höhle versteckte?
    
    Wenn dem so war, unterschätzte sie die Gefahr, in die wir uns damit beide begeben würden. Denn sie war nicht die Einzige, die es zu dunklen Begierden hinzog. Ihr Seelenleben allein war schon kompliziert genug, wenn man es noch mit meinen ebenfalls nicht unproblematischen Neigungen verwob, mochte daraus ein Netz entstehen, dem wir nicht mehr entkommen konnten.
    
    Letztlich war es nicht ihr Unterbewusstsein, das uns ins Dunkel führte, den größeren Anteil hatte ich selber, wenn auch unabsichtlich. War die Tür erst einmal geöffnet, führten meine Triebe und ihr verkorkstes Verhältnis zur eigenen Lust uns wie selbstverständlich hindurch.
    
    Das Dilemma begann eines Nachts, als ich wieder einmal in einer schier endlosen Telefonkonferenz ...
    ... mit Papua-Neuguinea gefangen war. Wir gingen die Angebote für den nächsten Bauabschnitt eines nach dem anderen durch, verglichen alle Zahlen der Anbieter miteinander und diskutierten endlos über die rechtliche Bedeutung einzelner Formulierungen in den Angebotstexten.
    
    Ich hatte mich bereits einmal heimlich davon gestohlen, um unbemerkt die Toilette aufzusuchen. Einer der wenigen Vorteile dieser unsäglichen Telefonkonferenzen war, dass man für die Beteiligten unsichtbar blieb. Schaltete man sein Telefon stumm, konnten sie einen auch nicht hören. Man musste nur rasch die Stummschaltung wieder aufheben, wenn man etwas gefragt wurde.
    
    Ich rief heimlich eine Website mit Videos auf, die ich regelmäßig frequentiert hatte, bevor Heidi in mein Leben trat. Die quälende Prüfung der Zahlenkolonnen ließ sich wesentlich leichter ertragen, wenn man gleichzeitig stimulierende Bilder verfolgen und dabei an sich herumspielen konnte.
    
    Zu spät bemerkte ich, dass mir ein Fehler unterlaufen war. Zwar war ich verpflichtet, mein Arbeitszimmer stets abzuschließen, auch wenn ich es gerade selbst nutzte, und auch heute hatte ich mich zu Beginn der Telefonkonferenz pflichtschuldig eingeschlossen, während Heidi, die im Bett liegen blieb und erschöpft einschlief, noch mein Saft in kleinen Tropfen aus der Möse rann.
    
    Aber nach meinem heimlichen und deshalb hastigen Abstecher ins Bad hatte ich offenbar die Tür nur angelehnt. Als ich Heidis Schritte im Flur hörte, reichte die Zeit gerade noch, meinen ...
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